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Gegen präventiver, kollektiver Freiheitsentzug durch systematische Überwachung

Amnesty International richtet sich nicht grundsätzlich gegen Überwachung, lehnt aber jede Form der verdachtsunabhängigen Massenüberwachung ab. Überwachung ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt und die Massnahme gezielt, notwendig, verhältnismässig sowie richterlich angeordnet ist.

Viele Staaten bauen zurzeit im Namen der Sicherheit ihre Überwachungsmassnahmen aus. Sie schiessen dabei oft übers Ziel hinaus und verletzen grundlegende Menschenrechte. Auch das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) in der Schweiz will dem Nachrichtendienst des Bundes umfangreiche Überwachungskompetenzen geben.

Amnesty kritisiert insbesondere zwei Massnahmen als unverhältnismässige Verletzung der Menschenrechte: Die Kabelaufklärung und die Vorratsdatenspeicherung.

Lesen Sie hier die detaillierten Argumente von Amnesty Schweiz

1. Verdachtsunabhängige Massenüberwachung
2. Mehr Überwachung, mehr Sicherheit?
3. Kabelaufklärung
4. Vorratsdatenspeicherung
5. Staatstrojaner


Verdachtsunabhängige Massenüberwachung

Was ist verdachtsunabhängige Massenüberwachung?

Verdachtsunabhängige Massenüberwachung ist beispielsweise die Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation einer grossen Anzahl Personen – teilweise ganzer Länder – ohne dass diese Personen Anlass zu einem begründeten Verdacht gegeben haben.

Gibt es eine verdachtsunabhängige Massenüberwachung, die rechtmässig ist?

Nein. Regierungen können zwar in ihrem Land Massenüberwachungsprogramme legalisieren, aber sie würden damit klar internationalem Recht widersprechen, das die meisten Staaten ratifiziert haben. Nach Amnesty International kann verdachtsunabhängige Massenüberwachung niemals einen notwendigen und verhältnismässigen Eingriff in die Menschenrechte darstellen.

Welche Rechte werden durch die verdachtsunabhängige Massenüberwachung beeinträchtigt?

Die verdachtsunabhängige Massenüberwachung kollidiert mit mehreren Grundrechten aus der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Neben dem Recht auf Schutz der Privatsphäre sind auch die freie Meinungsäusserung und die Unschuldsvermutung betroffen. Bei einer Überwachung von Ärzten, Rechtsanwältinnen, Pfarrern und Journalistinnen sind ausserdem die Verschwiegenheitspflichten sowie der Quellenschutz gefährdet.

Wie ist das Verhältnis von nationalem und internationalem Recht bezüglich Überwachung?

Die Überwachungskompetenzen werden durch nationale Gesetze definiert. Doch nicht jede Über-wachung, die gesetzlich geregelt ist, ist auch rechtmässig. Staaten haben nicht nur ihre eigenen Gesetze, sondern auch Verpflichtungen gegenüber den international verbrieften Menschenrechten. Überwachung, die nicht mit den Menschenrechten kompatibel ist, ist nicht rechtmässig. Überwachung der Kommunikation ist ein Eingriff in das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf freie Meinungsäusserung wie sie z.B. in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert sind.

 


Mehr Überwachung, mehr Sicherheit?

Schränkt Amnesty den Geheimdienst nicht zu sehr ein bei der Bekämpfung von Terror und Verbrechen?

Das NDG gibt dem Nachrichtendienst neue Mittel und Kompetenzen in die Hand, die eine gezielte Überwachung von verdächtigen Personen ermöglichen. Bei all diesen Massnahmen muss die Verhältnismässigkeit gewahrt werden. Grundrechte dürfen nicht im Namen der Sicherheit geopfert werden.

Terrorismus und Verbrechen müssen mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden – das wichtigste Mittel dazu ist die Strafverfolgung. Bei begründetem Verdacht hinsichtlich terroristischer Aktivitäten, organisierter Kriminalität, Proliferation und deren Vorbereitungshandlungen sollen Strafverfolgungsbehörden (Bundesanwaltschaft, Kantonspolizei) ermitteln und nicht der Nachrichtendienst. So sind rechtstaatlich ordentliche Verfahren möglich (mit Gerichten, Einsichtsrecht, etc.).

Ist Massenüberwachung nicht notwendig, um Terrorismus zu bekämpfen?

Eingriffe in Menschenrechte werden häufig mit dem Verweis auf die «nationale Sicherheit» gerechtfertigt. Doch gibt es bislang keine Beweise dafür, dass verdachtsunabhängige Überwachungsmassnahmen zusätzliche Sicherheit schaffen.

Es gibt nur wenige Studien, welche die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung zur Terror- oder Verbrechensbekämpfung analysieren. Eine vom US-amerikanischen Kongress und Präsident Obama eingesetzte unabhängige Untersuchungskommission kam im Januar 2014 zum Ergebnis, die jahrelange Überwachung der Telefondaten habe sich im Kampf gegen den Terrorismus als nutzlos erwiesen. «Wir konnten keinen einzigen Fall finden, in dem das Programm zur Aufdeckung eines zuvor unbekannten Terrorplans oder zur Verhinderung von terroristischen Angriffen beigetragen hätte», heisst es im Abschlussbericht der Kommission (PCLOB). Auch konnte kein einziger in die Planung von Anschlägen involvierter Terrorist durch das Programm identifiziert werden.

Braucht es Massenüberwachung für die Verfolgung von Verbrechen?

Eine in Deutschland durchgeführte Studie zeigt, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht wirksamer ist als andere Methoden der Strafverfolgung. Das Max-Planck-Institut kommt im Gutachten, das vom Bundesamt für Justiz in Auftrag gegeben worden war, zum Schluss: «Im Vergleich der Aufklärungsquoten, die in Deutschland und in der Schweiz im Jahr 2009 erzielt worden sind, lassen sich keine Hinweise darauf ableiten, dass die in der Schweiz seit etwa 10 Jahren praktizierte Vorratsdatenspeicherung zu einer systematisch höheren Aufklärung geführt hätte.» Auch nach Beiziehung anderer Informationsquellen «ergeben sich keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Schutzmöglichkeiten durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung reduziert worden wären».

 


Kabelaufklärung

Was ist Kabelaufklärung?

Die Kabelaufklärung will dem Nachrichtendienst des Bundes ermöglichen, «grenzüberschreitende Signale aus leitungsgebundenen Netzen zu erfassen». Das heisst, der Nachrichtendienst könnte alle Datenströme, die über die Schweizer Grenze fliessen, anzapfen und mit Stichworten durchsuchen. Der Geheimdienst hätte damit Zugriff auf Metadaten und auf sämtliche Inhalte der elektronischen Kommunikation wie Mails, Suchanfragen oder Internet-Telefonie.

Warum kritisiert Amnesty die Kabelaufklärung?

Da die meiste Internet-Kommunikation in der Schweiz über ausländische Server und Netzwerke führt, wären grundsätzlich alle von dieser Überwachung betroffen. Die Kabelaufklärung stellt eine Form der verdachtsunabhängigen Massenüberwachung dar. Anhand von Stichworten wird der gesamte Datenstrom abscannt, der Geheimdienst sucht per Rasterfahndung nach der «Nadel im Heuhaufen». Dies führt unweigerlich zu vielen Falschtreffern und unschuldig verdächtigten Personen.

Die Kabelaufklärung soll einzig der «Beschaffung von Informationen über sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland» dienen, Schweizer Daten müssten gelöscht werden.

Der Geheimdienst hätte Zugriff auf alle Daten, die über die Glasfasernetze ins Ausland fliessen. Auch wenn eine Person in der Schweiz eine Mail an die GMX-Adresse einer anderen Person in der Schweiz schickt, wird diese Mail übers Ausland geleitet. Folglich hätte der Geheimdienst Zugriff auf das Mail, auch wenn sowohl Sender wie Empfänger in der Schweiz sind.

Was halten Sie von der Überwachung von Personen im Ausland?

Auch die Überwachung von Personen im Ausland muss verhältnismässig sein und darf nicht permanent und flächendeckend geschehen. Das Recht auf Schutz der Privatsphäre ist international verbrieft (z.B. in der Europäischen Menschenrechtskonvention) und gilt für alle Personen gleichermassen, egal ob sie sich in der Schweiz oder im Ausland aufhalten.

Jeder Einsatz der Kabelaufklärung wäre genehmigungspflichtig und würde zudem beaufsichtigt. Warum reichen diese Einschränkungen und Kontrollen nicht?

Die vorgesehenen Einschränkungen und Kontrollen der Kabelaufklärung schränken zwar die Verwendung der gewonnenen Informationen etwas ein. Aber die Tatsache bleibt, dass die Datenströme angezapft und abgescannt werden. Überwachung beginnt beim Sammeln und nicht erst bei der Auswertung von Daten. Zudem sind Aufsicht und Kontrolle von Geheimdiensten erfahrungsgemäss schwer durchzusetzen, das zeigen viele Beispiele – auch in der Schweiz.

 


Vorratsdatenspeicherung

Was ist Vorratsdatenspeicherung?

In der Schweiz sind sämtliche Anbieterinnen von Post-, Telefon- und Internetdiensten verpflichtet, das Kommunikationsverhalten ihrer KundInnen – wer, wann, wo und mit wem kommuniziert – für sechs Monate aufzuzeichnen. Erfasst werden sämtliche Kommunikationsmittel (Telefon, Internet, Mail). Weil von dieser Überwachungsmassnahme ausnahmslos alle betroffen sind, stellt sie einen schweren Eingriff in den verfassungsmässig garantierten Schutz der Privatsphäre dar.

Warum kritisiert Amnesty die Vorratsdatenspeicherung?

Die Vorratsdatenspeicherung stellt eine Form der verdachtsunabhängigen und präventiven Massenüberwachung dar. Von dieser Überwachungsmassnahme sind ausnahmslos alle in der Schweiz betroffen, ohne dass sie Anlass zu einem Verdacht bieten würden. Selbst für Personen mit Berufsgeheimnis oder Quellenschutz, wie Anwälte, Ärztinnen oder Journalisten gibt es keine Ausnahmen.

Was sagen Gerichte zur Vorratsdatenspeicherung? Wie ist die Situation in anderen Ländern?

Sämtliche Verfassungsgerichte, welche eine zur Schweiz vergleichbare Regelung zu prüfen hatten, haben die Vorratsdatenspeicherung als unrechtmässigen Eingriff in die Grundrechte eingestuft – und sie aufgehoben: Rumänien (2009, 2014), Deutschland (2010), Tschechien (2011), Österreich (2014), Niederlande (2015), Bulgarien (2015).

2014 wurde auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vom Europäischen Gerichtshof ausser Kraft gesetzt. Der Gerichtshof beurteilt die EU-Richtlinie als Eingriff in die Grundrechte «von grossem Ausmass und von besonderer Schwere». Der Gesetzgeber habe mit der Richtlinie «die Grenzen überschritten, die er zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit» einhalten musste.

Auch der Uno-Kommissar für Menschenrechte äusserte sich 2014 kritisch zur Vorratsdaten-speicherung: «Die Speicherung von Kommunikationsdaten stellt einen Eingriff in die Privatsphäre dar, und zwar unabhängig davon, ob die Daten dann tatsächlich abgefragt werden oder nicht. Dieser Eingriff in die Privatsphäre hat weiter negative Auswirkungen auf die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.»

Welche Daten werden aufgezeichnet?

Die Datensammlung umfasst, wer wann wen angerufen hat und wie lange das Gespräch gedauert hat; wer sich wann und wie lange ins Internet eingeloggt hat; wer wann wem eine SMS geschickt oder auf ein E-Mail-Postfach zugegriffen hat. Zudem werden die Standortinformationen des Mobiltelefons gespeichert.

Da moderne Smartphones praktisch permanent mit dem Internet verbunden sind (auch wenn nicht aktiv kommuniziert wird), werden durch das Aufzeichnen der Signale der verwendeten Handyantennen praktisch lückenlos die Aufenthaltsorte der BenutzerInnen auf wenige hundert Meter genau protokolliert. Das ermöglicht die Erstellung eines genauen Bewegungsprofils jeder Person in der Schweiz.

In welchen Fällen werden diese Daten verwendet?

Für einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden reicht der «dringende Verdacht auf ein Verbrechen oder Vergehen». Die Verwendung der Vorratsdaten ist also nicht auf schwerste Straftaten beschränkt, sondern ist auch bei minder schweren Delikten wie etwa einfachem Diebstahl möglich.

Mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz soll es auch dem Nachrichtendienst des Bundes möglich sein, auf die Daten zuzugreifen. Dieser Eingriff stellt eine der sogenannten «genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen» dar.

 


Staatstrojaner

Was sind Staatstrojaner?

Ein Staatstrojaner, auch GovWare oder Spyware genannt, ist eine Software, mit der Behörden verdeckt in Computer oder Mobiltelefone eindringen und verschiedene Überwachungsfunktionen ausführen können: Trojaner ermöglichen die Überwachung der elektronischen Kommunikation, den Zugriff auf die Dateien sowie die Aktivierung von Kamera und Mikrofon zur Raumüberwachung.

Wann ist ein Trojaner-Einsatz verhältnismässig?

Der Zugriff von Behörden auf einen Computer oder ein Mobiltelefon ist eine klare Verletzung der grundrechtlich garantierten Privatsphäre, die nur unter engen Bedingungen rechtmässig sein kann. Computer und Handys zählen heute zu unserer «digitalen Intimsphäre», da sich dort viele private Informationen anhäufen: Fotos und Videos, Adresslisten und Kalendereinträge, Korrespondenz per Mail oder SMS, Passwörter und Notizen, Kontoverbindungen und Gesundheitsdaten.

Solche Daten gehören nach dem Schweizer Datenschutzgesetz zu den «besonders schützenswerten Personendaten». Ein Eingriff in besonders geschützte Daten verlangt nach besonders hohen Hürden, damit die Verhältnismässigkeit gewahrt bleibt.

Als Voraussetzung für einen Trojaner-Einsatz hat das deutsche Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 2008 die Hürden sehr hoch gelegt. Laut Verfassungsgericht dürfen Trojaner nur eingesetzt werden, «wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen». Das wäre etwa der Fall, wenn die Freiheit oder das Leben einer Person bedroht sind, also bei Delikten wie Entführung, Mord oder Terroranschlag.

NDG: Einsatz auf Vermutung?

Während die Behörden für einen Trojaner-Einsatz zur Strafverfolgung immerhin einen konkreten Verdacht auf eine Straftat brauchen, so reichen dem Geheimdienst schon vage Hinweise auf eine Gefahr. Das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) erlaubt dem Geheimdienst den Trojaner-Einsatz bei einer nicht überprüfbaren «konkreten Bedrohung“ der Sicherheit. Zudem ist der Zugriff unbeschränkt: Der Geheimdienst darf mit Trojanern die Kommunikation überwachen, auf Dateien zugreifen sowie Kamera und Mikrofon aktivieren.

Der Trojaner-Einsatz ist zwar bewilligungspflichtig und muss durch Bundesrat und Bundesverwaltungsgericht abgesegnet werden. Aber wie hoch diese Hürde ist, wenn der Geheimdienst mit Terrorgefahr argumentiert, bleibt fraglich.

Weniger Sicherheit dank Trojanern?

Ein grundsätzliches Problem ist, dass der Gebrauch von Trojanern die Sicherheit von Computern insgesamt schwächt. Denn Trojaner sind, damit sie funktionieren können, auf Sicherheitslücken von Software angewiesen. Um diese Lücken zu finden, muss sich der Hersteller von Trojanern auf einem grauen Markt bedienen. Er kauft das Wissen um eine Sicherheitslücke und lässt sie absichtlich offen, anstatt die Programmierer der Software auf die Lücke hinzuweisen, damit sie geschlossen werden kann.

Bei der Beschaffung von Trojanern begibt sich der Staat in ein ähnliches Dilemma wie bei der Bezahlung von Lösegeld bei Entführungen. Bezahlt er Geld für Sicherheitslücken, schafft er neue Lücken anstatt sie zu schliessen. Die Behörden tragen so zu mehr Unsicherheit der Internetkommunikation bei und setzen unsere Privatsphäre weiteren Gefahren aus. Dabei wäre der Staat verpflichtet, aktiv für den Schutz unserer Privatsphäre zu sorgen.

Damit die IT-Sicherheit geschützt und die Verhältnismässigkeit beim Eingriff in die Privatsphäre gewahrt bleiben, sollte der Einsatz von Trojanern, wenn überhaupt, eng begrenzt werden auf die Verfolgung von besonders schweren Delikten, die das Leben oder die Staatsicherheit gefährden.

Terrorbekämpfung: Bund stockt NDB und Budget auf

Bern, 21.01.2015 – Der Bundesrat hat am Mittwoch eine personelle Aufstockung beim Nachrichtendienst zugestimt und weitere zwei Millionen Franken zur Terrorbekämpfung für die Kantone bereitgestellt.

In Westeuropa besteht grundsätzlich seit 2001 eine erhöhte Terrorbedrohung, die sich in den letzten Monaten weiter erhöht hat. Dies ist zurückzuführen auf eine Zunahme der Anzahl dschihadistisch motivierter Reisender, verbunden mit der erhöhten Anzahl der Rückkehrer, aber auch auf die direkten Aufrufe dschihadistischer Gruppen, Anschläge zu verüben. Im Zuge der allgemein erhöhten Terrorbedrohung in Europa wurden bereits im November und Dezember 2014 zusätzliche Massnahmen beschlossen. Dazu gehören die Einsetzung einer Task-Force zur Bearbeitung der Fälle von Dschihadreisenden sowie das Verbot der Gruppierungen „Al-Qaïda“ und „Islamischer Staat“ mittels dringlichem Bundesgesetz.

Die Bedrohung der Schweiz bleibt nach den Anschlägen in Paris unverändert erhöht. Grundsätzlich kann ein Anschlag wie in Paris auch in der Schweiz nicht ausgeschlossen werden. Für die Schweiz liegen aber keine Erkenntnisse auf konkrete Bedrohungen und Anschlagspläne vor.

Strukturen zur Organisation und Zusammenarbeit im Ereignisfall
Die Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden von Bund und Kantonen, dem Nachrichtendienst des Bundes NDB und dem Grenzwachtkorps GWK sowie mit den ausländischen Sicherheitsbehörden funktioniert gut.

Die zuständigen Behörden verfügen über verschiedene Mittel im Umgang mit Fällen von mutmasslichen Dschihadisten. Bei der Beurteilung der Bedrohungslage stützt sich der NDB auf alle Arten nachrichtendienstlicher Quellen. Stellt der NDB einen Verdacht auf eine strafbare Handlung fest, leitet er die Informationen umgehend an die Strafverfolgungsbehörden des Bundes weiter. Im Bereich der Früherkennung und der Bekämpfung des Dschihadismus im Internet und in der Task-Force zur Behandlung von Fällen dschihadistisch motivierter Reisender bestehen besondere eingespielte Kanäle für Informationsaustausch und Zusammenarbeit.

Käme es in der Schweiz zu einem terroristischen Anschlag, würde die örtliche Kantonspolizei die ersten Massnahmen treffen. Für die Koordination zwischen den Sicherheitsbehörden der Kantone und des Bundes gibt es definierte Strukturen und Prozesse. Diese Mechanismen der Zusammenarbeit werden regelmässig in Echteinsätzen und in Übungen überprüft und verbessert. Dabei wird auch den Erkenntnissen aus Anschlägen wie demjenigen in Paris Rechnung getragen.

Zusätzliche Mittel bei der präventiven Terrorismusbekämpfung
Zur punktuellen Verstärkung der präventiven Terrorismusbekämpfung hat der Bundesrat entschieden, sechs zusätzliche, auf drei Jahre befristete Stellen beim Nachrichtendienst des Bundes NDB für die Informationsbeschaffung und -verarbeitung zu schaffen und die Staatsschutzstellen der Kantone mit zusätzlichen Mitteln in der Höhe von zwei Millionen Franken zu unterstützen.

Im Hinblick auf das World Economic Forum WEF vom 21. bis 24. Januar 2015 in Davos haben die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Kantone geprüft, ob die Personenkontrollen an den Schengen Binnengrenzen vorübergehend wieder eingeführt werden sollen. Im vorliegenden Fall konnte jedoch keine genügend konkrete und schwerwiegende Bedrohung der inneren Sicherheit der Schweiz im Allgemeinen und für das WEF 2015 im Besonderen festgestellt werden. Die vom GWK und den Grenzkontrollorganen der Kantonspolizeien Zürich und Bern im Nachgang der jüngsten Ereignisse und im Hinblick auf das WEF verstärkten Massnahmen genügen der derzeitigen Entwicklung der Sicherheitslage.

Europäischer Gerichtshof kippt Vorratsdatenspeicherung. Schweiz unter Zugzwang.

Die Vorratsdatenspeicherung widerspricht dem EU-Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und damit die EU-Richtlinie zur Sicherung von Telefon- und E-Mail-Informationen gekippt. Hierzulande zeigt der Entscheid des Ständerates, die Laufzeit der Vorratsdatenspeicherung zu verdoppeln und auch Staatstrojaner zuzulassen, dass die Parlamentarier das Augenmass verloren haben und die Bürger- und Menschenrechte mit Füssen treten. Es ist zu hoffen, dass der Nationalrat das Verdikt des Ständerates korrigiert und die Vorlage kippt. Das Urteil des EuGH in Luxemburg dürfte ein wenig nachhelfen.

Die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist in der EU in Zukunft nicht mehr erlaubt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat entschieden, dass die EU-Richtlinie „Sicherung von Telefon- und E-Mail-Informationen“ verändert werden muss. In Zukunft muss die Vorratsdatenspeicherung in der EU „auf das absolut Notwendige“ beschränkt werden.

Die EU-Richter argumentierten bei Ihrer Entscheidung wie folgt: „Die Regelung beinhaltet einen Eingriff von grossem Ausmass und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten.“ Weiter erklärt das Gericht, dass sich mit den Vorratsdaten „sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben“ der Bürger ziehen liessen. Dies sei aber nur bei Fällen „schwerer Kriminalität“ gerechtfertigt. Behörden sollten ausserdem nur nach richterlichem Beschluss Zugang zu Daten erhalten. Im Moment sei der Schutz vor Missbrauch nicht gewährleistet.

Ist das Schweizer Spionage-Sonderzügle damit zum Scheitern verurteilt?

Auch hierzulande erhitzt die Frage der Vorratsdatenspeicherung im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) zur Zeit die Gemüter, besonders seit der Ständerat vor kurzem die Ausdehnung der Überwachung in der Schweiz von 6 auf 12 Monaten sowie die Einführung eines Staatstrojaners beschlossen hat.

Nationalrat Balthasar Glättli und auch die Digitale Gesellschaft Schweiz hatten bereits den Gang vor den Europäsichen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg angekündigt, in der Hoffnung, dass die Strassburger Richter das Schweizer Sonderzügli letztlich stoppen würden. Die Piratenpartei hat bereits das Ergreifen des Referendums angekündigt, wenn der Nationalrat in die gleiche Kerbe wie der Ständerat haut und das Augenmass verliert. «Der Ständerat hat aus den Enthüllungen Edward Snowdens nichts gelernt», sagt Partei-Präsidenten Alexis Roussel. «Man kann keine sichere, innovative und gedeihende Gesellschaft bauen, indem man einen Überwachungsstaat schafft. »

Schweiz abseits: EGMR und EuGe geeint gegen masslose Überwachung

Der auf IT-, Immaterialgüter- und Medienrecht spezialisierte Anwalt Martin Steiger bescheinigt dem Eventual-Vorgehen von Nationalrat Glättli (Grüne) gute Chancen. Sollte das Schweizer Parlament aufgrund des Entscheids aus Luxemburg nicht umdenken, stünden die Chancen gut, dass letztlich spätestens vor dem EGMR eine Vorratsdatenspeicherung gekippt würde. Denn die Daten-Vorratsspeicherung von Millionen von unbescholtenen Bürgern widerspricht dem rechtsstaatlichen Grundprinzip der Verhältnismässigkeit und dem im Völkerrecht verankerten Schutz der Privat- und Familiensphäre.

Präventiv Daten von allen Menschen und insbesondere von Kindern, Greisen, Ärzten, Journalisten oder Anwälten zu sammeln, die nichts verbrochen haben, stellt eine schwerwiegende Verletzung der Privatsphäre der Bürger dar. Sie schränkt das Privat- und Berufsleben massiv ein und untergräbt die freiheitlich-demokratischen Rechte. «Wenn das so weiter geht, befinden sich die Schweizer Behörden auf einem totalitären digitalen Weg und faschistoiden Kurs», lautet die Meinung vieler Kritiker. Das Urteil aus Luxemburg ist daher auch oder gerade für die Schweiz wegweisend, in der derzeit heftig umstrittenen Debatte über die Ausdehnung der Überwachungsmassnahmen und den Laufpass für Spionagetätigkeiten und Staatstrojaner.

Die Strassburger Richter haben in aller Deutlichkeit aufgezeigt, dass sich die Vorratsdatenspeicherung auf das absolut Notwendige beschränken muss. Daran sollten sich nun auch die Schweizer Parlamentarier und Behörden orientieren. Wie weit ihre Einsichtsfähigkeit und ihr rechtsstaatliches Demokratieverständnis geht, wird gegenwärtig auf die Probe gestellt. Denn derzeit ist die Beschwerde der Digitalen Gesellschaft beim Dienst „Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr“ gegen die Vorratsdatenspeicherung hängig. Bei einem abschlägigen Bescheid würde das Verfahren vor das Bundesverwaltungsgericht, später vors Bundesgericht und schliesslich nach Strassburg weitergezogen werden. Und da die Richter in Strassburg und Luxemburg aufgrund der gleichen europäischen Grundrechte entscheiden, könnte die Vorratsdatenspeicherung spätestens dort nach dem neusten Verdikt zu Fall gebracht werden.

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