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Genfer ZAS-Whistleblower wurde für seine Zivilcourage bestraft

Wer Missstände in der Verwaltung anprangert, damit bei den Vorgesetzten kein Gehör findet und somit letztlich als Whistleblower einen Ausweg sucht, der wird selten für seine Zivilcourage gelobt sondern meistens auch noch strafrechtlich belangt und von der Polizei verfolgt. Grosse Fragezeichen gibt es somit auch bei den Anschuldigungen von Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), der den im Verdacht stehenden Mitarbeiter gezielt hochgehen liess, damit das Leck gestopft wird.

Als der «Tages-Anzeiger» im März 2014 über die Missstände bei der ZAS, der wichtigsten Zahlstelle für die AHV-Renten berichtete und aufdeckte, dass Millionenteure IT-Projekte ohne Ausschreibung erfolgten und die ZAS-Direktorin sich ausgiebig an der Spesenkasse bediente – und aufgrund der Enthüllungen später entlassen wurde, ging es nicht lange, bis Serge Gaillard eine Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung am 31. März 2014 bei der Bundesanwaltschaft einreichte. Damit wollte Gaillard wohl weitere Enthüllungen stoppen, die auch ein schlechtes Licht auf die Aufsichtsbehörde geworfen hätten.

Denn der ZAS-Whistleblower, der als IT-Abteilungsleiter bei der ZAS angestellt war, hatte bevor er an die Presse gelangte schon versucht, die Missstände intern anzuprangern und legte sich damit mit der Direktorin an. Weil sich nichts änderte und die kritischen Berichte nie zur EFK gelangten, wandte er sich Ende 2012 direkt an die EFK – so wie es das Bundesgesetz vorsieht.

Man kann dem Informanten daher auch nicht vorwerfen, er hätte den Dienstweg übersprungen, sagt sein Anwalt. Denn die EFK hätte sich hernach bei seinem Mandanten für die «wertvollen Informationen» bedankt. Auch die Mitarbeiterzeitschrift des Bundespersonals kommt zur Ansicht, dass der Whistleblower bei der ZAS kaltgestellt und mittlerweile krank gestellt wurde. Selbst das Magazin des Bundespersonal kommt zum ernüchternden Fazit: «Statt ihm zu danken, hat ihm die Eidgenössische Finanzverwaltung die Polizei auf den Hals gesetzt.» Doch ist der Bericht, so wohlwollend er klingt, zugleich eine versteckte Warnung an alle couragierten Mitarbeiter in der Bundesverwaltung. Die Message heisst: Es lohnt sich nicht, interne Missstände anzuprangern. Damit verheizt man sich nur selbst. Das ist die Kehrseite dieses Berichtes.

Weshalb fragt man sich daher auch, hat Gaillard die Strafanzeige Ende März 2014 veranlasst, wenn er doch längst zuvor, nämlich am 3. Oktober 2013 die EFK als Whistleblower über die internen Zustände im Bild war. Er dürfte also längst gewusst haben, wer hinter der Aufdeckung von Missständen steht. Dass Gaillard der BA den Tipp gegeben habe, wen Sie sich vorknöpfen sollen, zeugt eher davon, dass man von eigenen Nachlässigkeiten ablenken wollte.

Gaillard betont hingegen in einem schriftlich geführten Interview im «Tages-Anzeiger», dass er sich immer für den Schutz von Mitarbeitenden eingesetzt habe, welche Verfehlungen und Unregelmässigkeiten offen legen würden. Und er habe sich auch persönlich dafür eingesetzt, dass die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Mitarbeitern, der Geschäftsleitung und der Direktorin sich normalisiert hätten. Die Anzeige richtete sich nicht gegen einzelne Mitarbeiter.

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