Neues Beschaffungsrecht vernachlässigt Nachhaltigkeitskriterien

Swiss Textiles, der Verband der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie, und die in der Schweiz von Public Eye koordinierte Clean Clothes Campaign kritisieren den am Donnerstag vom Bundesrat veröffentlichten Vorschlag zum revidierten Beschaffungsrecht.

 

Im Gesetzesentwurf wird die Ausrichtung auf nachhaltige Beschaffung weder ausreichend konkretisiert noch konsequent berücksichtigt. An einer gemeinsamen Medienkonferenz heute in Bern haben die beiden Organisationen die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien im Vergabeverfahren sowie eine Kontrolle der Einhaltung dieser Kriterien gefordert.

Bund, Kantone und Gemeinden investieren jedes Jahr rund 40 Milliarden Franken an Steuergeldern in die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das Beschaffungsrecht, das nun revidiert wird. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Gesetzesentwurf geht in Sachen nachhaltige Beschaffung aber zu wenig weit. Dabei ist nachhaltige Entwicklung für Bund und Kantone keine freiwillige Aufgabe: Artikel 2 der Bundesverfassung erklärt die nachhaltige Entwicklung zu einem Staatsziel. Und in der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016–2019» (PDF, 1.0 MB) bekennt sich der Bund explizit zur Vorbildfunktion, die er beim eigenen Einkaufsverhalten einnehmen will.  

Nachhaltigkeit darf kein Lippenbekenntnis bleiben

«Wir fordern, dass die Bestrebungen vom Bund zu mehr Nachhaltigkeit kein Lippenbekenntnis bleiben. Für die konsequente Ausrichtung auf eine nachhaltige Beschaffung braucht es jetzt zielführende rechtliche Grundlagen», sagt Christa Luginbühl von der Clean Clothes Campaign. Zusammen mit Swiss Textiles setzt sich die Clean Clothes Campaign für eine konsequente Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien bei der öffentlichen Beschaffung ein. Dazu gehört, dass der Grundsatz des Zweckartikels, in dem «Nachhaltigkeit» als politische Absichtserklärung erwähnt wird, auch auf der Ebene der Anforderungen und Zuschlagskriterien konkretisiert wird. So sollen bei der Angebotsbeurteilung soziale und ökologische Kriterien wie die Arbeitssicherheit oder der Wasser- und Energieverbrauch beim Produktionsprozess zur Anwendung kommen.

Die Verankerung von Nachhaltigkeitskrterien reicht nicht

Die Verankerung von Nachhaltigkeitskriterien reicht jedoch nicht aus. Swiss Textiles und die Clean Clothes Campaign fordern, dass deren Einhaltung vor der Vergabe eines Auftrags und insbesondere während der Leistungserbringung auch überprüft wird. Denn die Umgehung grundlegender Arbeits- und Menschenrechte oder der geltenden Umweltbestimmungen führt oft zu Dumpingangeboten und damit zum Zuschlag, ist also kurzfristig gewinnbringend. Das ist ein grundlegend falsches Signal an die Anbieterinnen. Gerade für Schweizer Firmen ist eine gesetzliche Grundlage für eine nachhaltige Beschaffung wichtig. «Unsere Mitglieder sind international wettbewerbsfähig, weil sie innovativ sind und hohe Nachhaltigkeitsstandards vorweisen. Wir fordern gleich lange Spiesse aller Mitbewerber», sagt Peter Flückiger, Direktor von Swiss Textiles.  

Swiss Textiles und die Clean Clothes Campaign werden sich in der anstehenden politischen Debatte dafür einsetzen, dass die Schweiz ihr Beschaffungsrecht nachhaltiger gestaltet.  

Weitere Infos zu öffentlicher Beschaffung in unserem Dossier.

(Quelle: Public Eye)

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