Indien 2006: Im Reich der liebenden Hände bei den Ayurveda Pionieren

Auszug aus dem Buch des Zürcher Fotojournalisten Gerd M. Müller. Das ganze Manuskript ist als E-Book-Version auf www.self-publishing.com zu finden.

VORWORT

Das Buch des Zürcher Foto-Journalisten Gerd Michael Müller nimmt Sie ab den wilden 80er Jahren mit auf eine spannende Zeitreise durch 30 Länder und 40 Jahre Zeitgeschichte mit Fokus auf politische Skandale und ökologische Vorgänge in Krisenregionen rund um den Globus. Er beleuchtet das Schicksal indigener Völker, zeigt die Zerstörung ihres Lebensraumes auf, rückt ökologische Aspekte und menschenliche Schicksale in den Vordergrund, analysiert scharfsichtig und gut informiert die politischen Transforma-tionsprozesse. Müller prangert den masslosen Konsum und die gnadenlose Ausbeutung der Ressourcen an, zeigt die fatalen Auswirkungen wirtschaftlicher Ausbeutung, gesellschaftlicher Fahrlässigkeit und politische Ignoranz auf und skizziert Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels. Pointiert, hintergründig und erhellend erzählt Müller anhand seiner persönlichen Erlebnissen aus seiner investigativen Reise und Reportagetätigkeit für nahmhafte Medien rund 30 Länder. Ein Mix aus spannenden Polit-Thrillern, tieferen Einsichten und tollen Bekanntschaften und Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten. Eine etwas ab gehobene, nicht alltägliche Reiseliteratur, gespickt mit sozialkritischen und abenteuerlichen Geschichten sowie persönlichen Essays – den Highlights und der Essenz seines abenteuerlich wilden Nomaden-Lebens für die Reportage-Fotografie eben. Nach der Lektüre dieses Buchs zählen Sie zu den kulturell als auch ökologisch sowie politisch versierten GlobetrotterInnen.

Im Reich der liebenden Hände bei den Ayurveda Pionieren

Sri Lanka: Ayurveda-Behandlung im Paragon auf Sri LAnka mit Reisstempel-Massage. Ayurvedic massage with rice-balls stamped on the body

1996 flog ich das erste Mal nach Indien und zwar nach Kerala an die Südspitze ins Land der aufstrebenden Ayurveda-Resorts und Kliniken. Ich hatte zuvor schon auf Sri Lanka mit der ayurvedischen Medizin hautnahen Kontakt aufgenommen und eine Pancha Karma Reinigungskur gemacht und auf der Tropeninsel sieben der damals besten Ayurveda-Resorts besucht und sie miteinander verglichen. Es waren dies das «Aida» in Bentota, das «Lanka Princess» in Beruwela, «Lawrence Hill» in Hikkaduwa, das «Paragon» in Unavatuna, das «Surya Lanka» in Matara und das «Vattersgarden» in Kottegoda. Der Bericht darüber hat in diversen Wellness-Magazinen reissenden Absatz gefunden. Die ayurvedische Medizin, die ich hier kennengelernt hatte, faszinierte mich derart, dass ich beschloss nach Kerala zu reisen und dort traf ich auf die südindischen Ayurveda-Pioniere die cgh earth group, die sich mit sehr exklusiven Resorts bereits einen Namen gemacht hat.

Die ayurvedische Medizin wurde vor über 5000 Jahren von hochbegabten Indern in der Tiefe ihrer Meditation und Spiritualität entdeckt, aber infolge der Kolonialisierung und Berufsverboten der britischen Kolonialregierung über 50 Jahre lang unterbunden, bevor sie in den 90er Jahren ein Revival erlebte. «Dadurch ging viel Wissen verloren», sagt Dr. Jayawardhana von der «Universität Colombo». Was vor tausenden von Jahren in Nordindien entwickelt wurde, ist ein ganzheitliches Natursystem, das Körper, Geist und Seele eine Einheit betrachtet, denn ndie Ayurveda-Philosophie geht davon aus, dass alle Materie, so auch der Mensch, auf die fünf Elemente Erde, Wasser, Luft, Feuer und Raum zurückzuführen sind.

Ein buddhistischer Ayurveda-Mönch, Ernährungs- und Krebsspezialist zeigt die uralten Sanskrit Inschriften in Galle, Sri Lanka | Buddhist monk and ayurvedic doctor showing old sanskrit letters in Galle-City, Sri Lanka

Aus der Verbindung der fünf Elemente bilden sich drei Grundkonstitutionen, die sogenannten Doshas. Die Elemente Luft und Raum bilden das Vata-Dosha und steht für das Lebensprinzip Bewegung. Es steuert also die Bewegungsabläufe im Körper, die Atmung und das Nervensystem. Die Pitta-Energie ist für alle Reaktionen zuständig, bei denen Wärme entsteht, also für den Verdauungstrakt und die Stoffwechselvorgänge. Die Elemente Erde und Wasser beeinflussen das dritte Dosha, das Kapha. Ihre Energie ist strukturierend, formgebend und verantwortlich für den Zell- und Skelettaufbau, gleichzeitig reguliert sie den Flüssigkeitsausgleich. Und dann gibt es noch die drei Säulen der Gesundheit: Es sind dies «Ahar» (Ernährung), « Nidra» (Schlaf) und « Bramacarya» (Mentale Ethik).

Nun hat jeder Mensch von Geburt an sein individuelles Zusammenspiel der Doshas und diese einzigartige Kombination beeinflusst seine Gesundheit und sein Körperbau als auch die charakterlichen Eigenschaften. Nur wenn sich die Doshas im Gleichgewicht befinden, sind Körper und Seele gesund. Das ist das Ziel einer Ayurveda-Behandlung, gerade im Bereich von chronischen Krankheiten. Wie Migräne oder Neurodermitis kann Ayurveda beträchtliche Erfolge aufweisen. Die Ayurveda-Kur beginnt zumeist mit einer Pulsdiagnose, wobei die Ayurveda Ärztin drei Finger sachte oberhalb der Daumenwurzel auf den Unterarm presst und den Pulsschlag misst. Sie stellt fest, ob er «stark pocht, wie Wellen durch den Körper gleitet, hüpft wie ein Frosch oder wie ein Elefant dahin trottet». So wird die Harmonie der drei Doshas festgestellt.

Sri Lanka: Ayurveda-Kräutersauna im Aida Hotel, Bentota, Sri LAnka. Ayurved

Ayurveda geht davon aus, dass in der Natur alles wächst, was es braucht um den Menschen gesund zu machen und und zu erhalten. So werden Pflanzen, Mineralien, Aschen, salze, Rinden, Hölzer, Wurzeln und tierische Produkte gekocht und pulverisiert und dann zu Pillen, Salben und Ölen verarbeitet. Das zartgelbe Sesamöl ist die Basis aller Massageöle. Es ist reich an ungesättigten Fettsäuren und macht spröde Haut weich und glatt. Dem Sesamöl mischt der Arzt oder die Arztin andere natürliche Zutaten bei, die spezifisch auf den jeweiligen Dosha-Typ abgestimmt sind. Das Öl kann somit optimal auf die individuelle Konstitution des Menschen einwirken.

Keine andere Medizin der Welt weist ein derart allgemeingültiges, tiefgreifendes und ganzheitliches Reinigungssystem auf, wie die ayurvedische Medizin und die Pancha Karma Kur insbesondere. Sie ist die Mutter aller Kuren! Während 21 Tagen werden zuerst alle Giftstoffe aus dem Körper ausgeschieden und das Gewebe bis auf die Knochen mit den Heilölen eingerieben. Die passende Kost und die wohltuenden Behandlungen führen dazu, dass man nach der Pancha-Karma Kur vor Vitalität nur so strotzt und sich wie ein neuer Mensch fühlt.

Der ehemalige Maharadscha-Palast Kalari Kovilakom ist heute ein führendes, luxuriöses ayurvedisches Gesundheitszentrum in Kerala. The ancient Maharadja palace Kalari Kovilakom is today one of the leading luxury ayurvedic healing resorts in Kerala.

Da sich Ende der 90er Jahre die Wellness und Wellbeing Tourismusindustrie zu etablieren begann, fokussierte ich mich einige Jahre sehr stark auf diesen Tourismuszweig und besuchte weltweit die besten Spa-Resorts, da ich nun über die Kooperation mit den Tageszeitungen hinaus auch viele weitere edle Hochglanzmagazine für Publikationen gesichert hatte und schliesslich für Publikationen wie das «Relax und Style», «World of Wellness» und «Wellness live» nicht nur Reportagen ablieferte, sondern auch Anzeigen generierte und so auch vom Verlagsgeschäft profitierte.

Die Ayurvedische Medizin entwickelte sich fortan auch in Europa mit rasanter Geschwindigkeit. Ayurveda-Zentren schossen wie Pilze aus dem Boden, denn die fernöstliche Medizin wollte sich rasch über den Wellnessbereich hinaus auch im medizinischen Sektor etablieren und insbesondere die Ernährungsberatung werde gefragt sein, waren sich die Fachleute damals einig. „Du bist, was du isst“, hatte Hypokrates einst gesagt und war sozusagen der erste westliche Ayurveda-Botschafter. Immer mehr Menschen drehen das Rad zurück und lassen sich von uralten Heilmethoden überzeugen oder probieren sie zumindest aus. Dass auch Yoga und Meditation ihre Wirkung auf eine gesundes Leben nicht verfehlen hat sich auch in der westlichen Welt zunehmend durchgesetzt. Zumindest Yoga ist zu einem unübersehbaren Trend geworden.

Yoga-Lehrer im Kalari Kovilakom Ayurvedic Healing Palast in Kerala. Yoga teachers practising at the Kalari Kovilakom Ayurvedic Healing Palace in Kerala.
Yoga-Lehrer im Kalari Kovilakom Ayurvedic Healing Palast in Kerala. Yoga teachers practising at the Kalari Kovilakom Ayurvedic Healing Palace in Kerala.

In Kerala angekommen, durfte ich das Kronjuwel der «cgh earth group», den alten Maharadscha-Palast «Kalari Kovilakom» besuchen und erlebte einen wahrhaft königlichen Empfang und bekam eines der zwölf Palastgemächer. Die Authentizität der alten Kultur und die Heilig-keit eines Ashrams verliehen diesem Ayurveda-Tempel ein einmaliges Ambiente. Wer hier eintritt, der lässt die alte Welt hinter sich und lebt ein ganz anderes, in sich gekehrtes von der Aussenwelt abgeschnittenes Urerlebnis und eine höchst qualitative Behandlung.

Besonders in Deutschland wurde die «Somatheeram» und «Malatheeram» in Chowara bei Trivandrum berühmt. Die beiden Resorts wurden regelmässig vom Department for Tourism als «beste Ayurveda-Resorts» ausgezeichnet und mit dem «Greenleaf-Award» geehrt. Ein weiteres Highlight war die «Duke’s Forest Lodge» inmitten einer Gummiplantage in Anapara. Das Bijoux, das aus fünf grosszügigen Pavillions besteht ist in der prächtigen tropischen Fauna mitten im Wald eingebettet.

Eine westliche Patientin erhält einen ayurvedische Behandlung mitten im Urwald im Dukes Forest Resort in Kerala. A western patient receives a ayurvedic treatment in Dukes Forest Lodge in Kerala. © GMC Photopress/Gerd Müller
Eine westliche Patientin erhält einen ayurvedische Behandlung mitten im Urwald im Dukes Forest Resort in Kerala. A western patient receives a ayurvedic treatment in Dukes Forest Lodge in Kerala. © GMC

Zu den Top Ayurveda Resorts gehörte auch die «Coconut Lagoon» in Kumarakom, das an einem zauberhaften See in einer prächtigen Gartenanlage liegt und durch die traditionellen Kerala-Häuser besticht. Sowohl das Essen, als auch die Therapeuten waren Spitzenklasse. Ebenfalls ein ganz spannender Ort ist das «Spice Village» in Periyar, das inmitten einer Teeplantage auf rund 1000 Höhenmetern liegt und daher vom Klima sehr angenehm ist. Wer ein internationales Luxushotel mit sehr guter Ayurveda-Abteilung und vielen Spa-Behandlungen sucht, der findet dies im «The Leela Meridien» an der Koralam Beach.

Genug des guten Wohlbefindes in Indien, nun werfen wir kurz einen Blick auf die zweite Indien-Reise als Narenda Moodi im Wahlkampfmodus war und eine der professionellsten internationalen Wahkam-pagnen (die ich je gesehen/miterlebt habe) orchestriert hatte und gleichzeitig ein Tourismusförderungsprogramm für den Bundesstaat Gujarat propagierte, aus dem sowohl Moodi als auch Ghandi stammt.

Danach geht es nochmals um ein gesundheitspolitisches Thema, das weltweit ein ähnliches Schicksal erlitten hat, wie die Ayurvedische Medizin, nämlich Cannabis, also die Hanfpflanze, die bei vielen Krankheiten und Beschwerden nicht nur über äusserst potente Heilkräfte verfügt, sondern auch zu den am vielfältigsten verwertbaren Pflanzen gehört und von der Faser bis zur Blüte zu vielen Zwecken eingesetzt werden können. Doch zuvor noch ein Abstecher in den indischen Bundesstaat Gujarat, den ich auf einer weiteren Indien Reise 2013 besuchte.

Weitere Kapitel, die Sie interessieren könnten:

Malaysia: Bei den versehrten Orang Utans in Borneo

Malediven 93: Die ersten Anzeichen des Klimawandels

Sri Lanka 1992: Die Perle des Orients nach dem Bürgerkrieg

Philippines 95: Auf den Spuren der Geistheiler

Vietnam 1993 entwickelte sich schneller als ein Polaroid

Links:

E-Book Version

Autor/Fotografenportrait

Bildershop / Shutterstock-Portfolio

Facebook

Schreibe einen Kommentar