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Iran: Internet-Shutdown zur Verheimlichung von Massentötungen

Iran: Hinter der prächtigen Fassade der Masjed Emam Moschee in Isfahan und anderen iranischen Städten brodelt es heftig.

Amnesty International geht zum Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Novemberproteste 2019 im Iran mit einer neuen Mikrosite online. Sie dokumentiert das wahre Ausmass unrechtmässiger Tötungen durch die Sicherheitskräfte und zeigt auf, wie die Regierung versuchte, die Verbrechen durch einen Internet-Shutdown vor der Welt zu verbergen.

Die Menschenrechtsorganisation hat in Zusammenarbeit mit der Hertie School und dem Internet Outage Detection and Analysis Project (IODA) die Mikrosite «iran-shutdown.amnesty.org» erstellt. Auf ihr finden sich mehr als 100 verifizierte Videos aus 31 iranischen Städten. Diese enthüllen den wiederholten Einsatz von Schusswaffen, Wasserwerfern und Tränengas durch die Sicherheitskräfte gegen unbewaffnete Protestierende und Passantinnen und Passanten.

 «Die Regierung dachte, sie könne die Menschen zum Schweigen bringen, indem sie das Land vom Internet abschnitt. Aber die iranische Bevölkerung war entschlossen, der Welt die Wahrheit mitzuteilen. Die neue Webseite soll den Mut derjenigen würdigen, die mit ihren Kameras die Gewaltszenen festhielten und damit enthüllten, was die Behörden verheimlichen wollten», sagte Diana Eltahawy, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

Iran: 304 Menschen kamen bei den Protesten ums Leben. Die Geistlichen Führer missachten die Menschenrechte aufs Brutalste und verhemlichten dies, durch die Abschaltung des Internets. Im Bild: Das Khomeini Mausoleum in Teheran

Insgesamt kamen im November 2019 bei den tagelang anhaltenden landesweiten Protesten im Iran mindestens 304 Menschen ums Leben. Die Opfer, darunter Frauen und Kinder, starben meist durch Schüsse in Kopf oder Brust, was auf eine vorsätzliche Tötung hindeutet.

Der 16. November 2019, der zweite Tag der Proteste, war der tödlichste mit mindestens 100 Todesopfern. An diesem Tag wurde auch das Internet gesperrt. Angesichts der zunehmenden Proteste wiesen die iranischen Behörden die Internet-Dienstleister gegen 14 Uhr Ortszeit an, ihre Netze abzuschalten.

Ab diesem Zeitpunkt beobachtete die IODA einen stetigen Rückgang der Signale, bis das Land gegen 19 Uhr digital von der Welt abgeschnitten war. Erst am 27. November wurde der Internetzugang wieder vollständig hergestellt. Aber auch bei späteren Protesten reagierte der Iran erneut mit Internet-Shutdowns.

Amnesty International betrachtet den Zugang zum Internet als unverzichtbares Mittel zum Schutz der Menschenrechte. Daher beteiligt sich die Organisation an der Kampagne #KeepItOn, bei der sich ein Zusammenschluss von mehr als 220 Organisationen für den Fortbestand des offenen und zugänglichen Internets einsetzt. Auch der Uno-Menschenrechtsrat erklärte, dass «Staaten Internetverbindungen in Verbindung mit friedlichen Versammlungen nicht blockieren oder verhindern dürfen.»

Bis heute wurde niemand für die Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen an den Protestierenden bestraft. Amnesty International ruft daher den Uno-Menschenrechtsrat auf, ein Mandat für die Untersuchung der rechtswidrigen Tötungen zu erteilen, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die iranischen Behörden müssen als ersten Schritt gegen die Straflosigkeit unabhängige und unparteiische Untersuchungen einleiten. (Quelle: Amnesty International)