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Wie der Bundesrat den Dschihad-Terrorismus in der Schweiz bekämpfen will

Bern, 02.11.2015 – Der Bundesrat hat den zweiten Bericht über die Bekämpfung des dschihadistisch motivierten Terrorismus in der Schweiz zur Kenntnis genommen. Er begrüsst die Fortschritte der Sicherheitsbehörden und die geleisteten Koordinationsarbeiten. Der Bundesrat will prüfen, ob präventive polizeiliche Massnahmen verstärkt werden sollen, beispielsweise um einen mutmasslichen Dschihadisten an der Ausreise aus der Schweiz zu hindern. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ist deshalb beauftragt worden, eine entsprechende Evaluation vorzunehmen. Der Bundesrat weist ausserdem darauf hin, wie wichtig lokale und kantonale Strukturen jenseits der Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung der Radikalisierung sind. Diese bestehenden Strukturen gilt es zu nutzen, anstatt neue zu schaffen.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) die terroristische Bedrohung in der Schweiz als erhöht eingestuft. Mittlerweile hat sich die Bedrohungslage nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa leicht verschärft. Die Zahl der dschihadistisch motivierten Reisen nach Syrien nimmt weiter zu. Waren es bisher hauptsächlich Männer, sind es nun auch Frauen und Minderjährige. Diese Entwicklungen werden in allen Ländern Europas beobachtet. Auch die Schweiz ist davon betroffen.

Der erste Bericht der Task-Force TETRA erschien im Februar 2015. Seither haben die Sicherheitsbehörden die Koordination auf allen Ebenen intensiviert und beachtliche Fortschritte erzielt. So beschäftigen sich fedpol und der NDB derzeit mit rund siebzig konkreten Fällen von mutmasslichem dschihadistisch motiviertem Terrorismus. In mehr als zwanzig dieser Fälle hat die Bundesanwaltschaft (BA) Strafverfahren eröffnet. Diesen Herbst hat sie einen ersten Fall vor dem Bundesstrafgericht zur Anklage gebracht. Weitere werden folgen.

Sensibilisierung und Zusammenarbeit

Um Personen zu erkennen, die sich radikalisieren, ist die Sensibilisierung und Ausbildung in den kantonalen Polizeikorps, den Grenzwachtkorps und den Konsularabteilungen verstärkt worden. Um die Koordination auf nationaler Ebene zu erleichtern und der Bedrohung besser begegnen zu können, stützen sich die kantonalen Polizeikräfte auf die bestehenden Strukturen der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS). Gestärkt werden diese Strukturen durch einen Führungsstab, der nach einem Terroranschlag (oder anderen einschneidenden Ereignissen) zum Einsatz kommen kann. Auch auf internationaler Ebene wurde die Koordination und Zusammenarbeit verstärkt. Beispielsweise hat die Schweiz das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus unterzeichnet.

Eine Reihe von Punkten muss noch vertiefter analysiert werden, insbesondere die Zweckmässigkeit präventiver Polizeimassnahmen, um einen mutmasslich dschihadistisch motivierten Reisenden an der Ausreise aus der Schweiz zu hindern. Der Bundesrat hat deshalb das EJPD beauftragt, den Nutzen solcher Massnahmen und deren Konsequenzen zu evaluieren. Diese Analyse soll auch die Prüfung der gesetzlichen Grundlagen umfassen, aufgrund derer die Polizei verdächtigte Personen zur Fahndung ausschreiben kann.

Terrorismus-Bekämpfung geht über den Wirkungsbereich der Sicherheitsbehörden hinaus

Obwohl die Arbeit der Sicherheitsbehörden unentbehrlich ist, stellt sie nur einen Teilaspekt in der Terrorismusbekämpfung dar. Die Radikalisierung ist ein Phänomen, das weit über den Wirkungsbereich der Sicherheitsbehörden hinausgeht. Alle in der Schweiz und im Ausland gemachten Erfahrungen verdeutlichen es: Radikalisierung muss auf lokaler Ebene und unter Einbindung der Sozial-, Familien- und Bildungsstrukturen bekämpft werden. Die Kantone und Gemeinden mit ihren gut funktionierenden Strukturen spielen hier eine zentrale Rolle. Der Bundesrat legt Wert darauf, keine neuen Strukturen zu schaffen. Vielmehr gilt es, die bestehenden Strukturen auf das Phänomen der dschihadistischen Radikalisierung auszurichten, vermehrt Erfahrungen und Fachkenntnisse auszutauschen und Synergien zu nutzen. Der Bundesrat hat deshalb beschlossen, keine nationale Hot- oder Helpline einzurichten.

Zusammen mit den interkantonalen Konferenzen und den zuständigen kantonalen Stellen wird der Delegierte des Sicherheitsverbundes Schweiz (SVS) bestehende, ausserhalb der Zuständigkeit der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden getroffene Präventionsmassnahmen erheben. Ziel ist es, bewährte Methoden und Verfahren (best practices) zu nutzen und Massnahmen zur Prävention von Radikalisierung zu verbessern.

Zusammensetzung und Auftrag der Task-Force TETRA

Die Task-Force TETRA (TErrorist TRAvellers) ist eine von der Kerngruppe Sicherheit des Bundes (KGSi) eingesetzte interdisziplinäre Arbeitsgruppe. Geleitet wird die Gruppe von fedpol. In der Gruppe vertreten sind der NDB, die BA, die Politische Direktion und die Direktion für Völkerrecht des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das Grenzwachtkorps, das Staatssekretariat für Migration (SEM), das Bundesamt für Justiz (BJ), die Flughafenpolizei Zürich und einzelne Kommandanten kantonaler Polizeikorps der Schweiz sowie der Delegierte des Sicherheitsverbundes Schweiz. Die Ziele der Task-Force sind die Verhinderung von Terroranschlägen in der Schweiz oder die Nutzung der Schweiz als Durchgangs-, Vorbereitungs- oder Logistikbasis für terroristische Straftaten im Ausland sowie der gezielte Schutz des Schengen-Raums und der Schengen-Aussengrenzen. Diese Ziele stehen im Einklang mit der vom Bundesrat am 18. September 2015 gutgeheissenen Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung.

(Quelle: EJPD/Fedpol)

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