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Schmetterlingseffekt: Hedge Fonds sind die Treiber von Kriegen und Klimawandel

Auszug aus dem Buch des Zürcher Fotojournalisten Gerd M. Müller. Das ganze Manuskript ist als E-Book-Version auf www.self-publishing.com zu finden.

VORWORT

Das Buch des Zürcher Foto-Journalisten Gerd Michael Müller nimmt Sie ab den wilden 80er Jahren mit auf eine spannende Zeitreise durch 30 Länder und 40 Jahre Zeitgeschichte mit Fokus auf politische Skandale und ökologische Vorgänge in Krisenregionen rund um den Globus. Er beleuchtet das Schicksal indigener Völker, zeigt die Zerstörung ihres Lebensraumes auf, rückt ökologische Aspekte und menschenliche Schicksale in den Vordergrund, analysiert scharfsichtig und gut informiert die politischen Transforma-tionsprozesse. Müller prangert den masslosen Konsum und die gnadenlose Ausbeutung der Ressourcen an, zeigt die fatalen Auswirkungen wirtschaftlicher Ausbeutung, gesellschaftlicher Fahrlässigkeit und poli-tische Ignoranz auf und skizziert Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels. Pointiert, hintergründig und erhellend erzählt Müller anhand seiner persönlichen Erlebnissen aus seiner investigativen Reise und Reportagetätigkeit für nahmhafte Medien rund 30 Länder. Ein Mix aus spannenden Polit-Thrillern, tieferen Einsichten und tollen Bekanntschaften und Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten. Eine etwas ab gehobene, nicht alltägliche Reiseliteratur, gespickt mit sozialkritischen und abenteuerlichen Geschichten sowie persönlichen Essays – den Highlights und der Essenz seines abenteuerlich wilden Nomaden-Lebens für die Reportage-Fotografie eben. Nach der Lektüre dieses Buchs zählen Sie zu den kulturell als auch ökologisch sowie politisch versierten GlobetrotterInnen. Nun zum 1. Kapitel des Buchs:

Hedge Fonds sind die Treiber von Kriegen und Klimawandel

Seien wir uns bewusst, die Finanzmärkte stehen im Zentrum der neoliberalen Wirtschaft, sie bestimmen weltweit die Preise für Rohstoffe und Lebensmittel und sie diktieren das Geschehen rund um den Globus. Hedge-Fonds sind der Fluch des Nahrungs-, Wasser- und Rohstoff-Kapitalismus in Reinkultur. Schauen wir uns dies einmal näher an: 2008 stiegen die Preise für Lebensmittel und Rohstoffe stark an, obschon sich die Welt nach der Finanzkrise in einer Rezession befand. Das zeigt, dass die Preise aufgrund von Spekulationen und nicht aufgrund einer erhöhten Nachfrage gestiegen sind. Was in den 80er Jahren mit Thatchers und Reagans Neoliberalismus begann und als Flügelschlag eines Schmetterlings an der Wallstreet 2010 bekannt wurde, führte fortan zu Aufständen, Kriegen und weltweiten Flüchtlingskrisen. Den Flügelschlag lösten der damalige Präsident Bill Clinton und der Nationalbankpräsident Alan Greenspan mit dem Commodity Modernisation Act aus, d.h. mit der Liberalisierung der seit den 30er Jahren strikt regulierten Märkten und einer begrenzten Anzahl von Spekulanten. Doch von da an, konnte jeder unbegrenzt mit Rohstoffen und Lebensmitteln spekulieren, worauf die Finanzmärkte Blut leckten und die Wallstreet und Hedge-Fonds das Geschehen fortan auf übelste Art und Weise diktierten.

Im gleichen Jahr fuhr Russland aufgrund des Klimawandels und der Trockenperiode über 30 Prozent weniger Weizenernte ein. Die Wallstreet spekulierte auf eine Verknappung des Angebotes und trieb den Weizenpreis um 50% in die Höhe, was in Tunesien und Ägypten zum Arabischen Frühling führte, weil Ägypten fast 80 Prozent des Weizens aus Russland importierte. Der rasche Anstieg der Lebensmittel- und der Erdölpreise führt zwangsläufig zu Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen, stellten auch Wissenschaftler und Mathematiker fest. So arteten 2011 in Lybien nach dem Sturz Gaddhafis als auch im Irak-Krieg, beides führende Ölexportstaaten, die Kriege aus, befeuerten weitere Konflikte in der Region und lösten einen Flächenbrand aus, der den ganzen Orient überzog. So war es auch im Krieg in Syrien. Auslöser dafür waren wiederum die Hedge-Fonds und Spekulanten an der Wallstreet und in London. Sie trieben den Ölpreis massiv in die Höhe, weil sie auf Export-Verluste spekulierten. Der Flügelschlag des Schmetterlings hat auch hier zugeschlagen und so sind die deregulierten Märkte zu einem Motor des Chaos geworden.

Diese Spekulationen und die Entwicklung in den Ölstaaten hatten zudem noch weitreichendere Folgen. Durch den enormen Kursanstieg der Petrodollars kamen Russland und Saudi Arabien aber auch Venezuela zu immensem Reichtum und vergrösserten ihre Militärbudgets und Polizeikräfte entweder zur Unterdrückung von Revolten im eigenen Land oder für weitere Offensiven. Russland in Syrien, in der Ukraine und zuletzt auf der Krim. Im Falle von Saudi Arabien kam es zu kriegerischen Zuspitzung in Jemen und in vielen anderen Regionen im Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, derweil der Iran, den Nahen Osten auf seine Weise infiltrierte und mit seinen kruden Ideologien, Waffen und Kämpfern vollpumpte. Der Anstieg des Ölpreises war auch der Anfang des Verderbens für Venezuela, das letzlich am Ressourcen-Fluch zu Grunde ging. Die Spekulanten waren auch hier letztlich Auslöser und verantwortlich für die Flüchtlingsströme von Lateinamerika in die USA und von Afrika und dem Orient nach Europa.

In Grossbritannien war es dem Einfluss des neoliberalen Medienmoguls Rupert Murdoch zu verdanken, dass es zum Brexit kam und bei den rechtsradikalen Regierungen in Polen, Ungarn und Italien, sind ebenfalls Medienmogule für den Auftrieb der Neonazis und Faschisten in Deutschland. Nach der Hausse folgt die Flaute, nach dem Boom folgt der Crash, soviel Ökonomie hat jedes Kind schon in der 3. Klasse mitbekommen. Die Folgen sind wiederum verheerend. In Venezuela gibt es eine apokalyptische Hungersnot, dasselbe in Kuba, in Kenya und im gesamten Subsahara-Gürtel, wo verheerende Dürren zu Bürgerkriegen und im Orient zu desaströsen Wirtschafts– und katastropalen Menschenrechtslagen führen.

Der völlig entfesselte Rohstoff- und Finanzmarkt ist wie die Pest, weil er dank Algorithmen und Herdenmentalität sowie auf zynische Weise immer gegen den Wohlstand der fragilen Ökonomien wettet Mit der Covid-Krise wurde dies überdeutlich, dass die Märkte über das Wohl der Menschen gestellt werden und ein System geschaffen wurde, das kein Mitleid mit den Menschen, sondern nur Gewinner und Verlierer kennt. Jedes Waschmittel und jede Nahrung muss heute jede Komponente deklariert sein, bei der künstlichen Intelligenz, bei der eine Machine die Entscheidungen über unser Sein oder Nicht sein Entscheiden, braucht hingegen keine Deklaration und Regulation. Absurder geht es nicht. Dieses Thema kommt im letzten Kapitel ausführlicher zur Sprache.

Gut 500 Firmen mit weit über 10000 Angestellten arbeiten in der Schweiz in der Rohstoffbranche, die mit March Rich ihren ersten berüchtigten Protagonisten hatte, der es zu zweifelhafter Berühmtheit brachte, als er zum erstenmal in den 70er Jahren in die Schlagzeilen geriet. Der in Belgien geborene US Bürger sorgte dafür, dass der Rohstoffhandel in der Schweiz bedeutend wurde. Seine skrupellosen Öldeals mit Südafrika und dem Iran unter Umgehung internationaler Sanktionen verhalfen dem „Vater des Schweizer Erfolgsmodels“ zu immensem Reichtum und ihn auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher in den USA brachte, bis Bill Clinton, der Gottvater der Neoliberalen ihn 2001 begnadigte. Wir erinnern uns, dass Clinton und Greenspan auch die Liberaliserung der Nahrungsmittel-Märkte vorantrieben und damit die Hedge-Fond Plage auslösten.

Zurück in die Schweiz. Hier gehörten Christoph Blocher und Martin Ebner zu den skrupellosesten Liberalisierer in den 90er Jahren. Von den «Bloomberg» Journalisten Javier Blas und Jack Farchy wissen wir, dass Ebner zu den Rettern von Marc Richs Imperium gehörten und auch der heutige «Glencore» Ivan Glasberg Chef seine Sporen in Johannesburg in Südafrika abverdiente und viel von seinem Meister bei den illegalen Öl-Deals und der Umgehung von Sanktionen gelernt hat, auch wenn er in der Kohleabteilung tätig war. Tiefe Steuern, die zentrale Lage in Europa, der stabile Schweizer Franken und der Zugang zum internationalen Finanzsystem sowie die schwache Regulierung boten in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz einen fruchtbaren Boden für Unternehmen, welche die Ressourcen weltweit ausbeuten und kaum Steuern bezahlen. Aus «Glencores» Umfeld gingen andere erfolgreiche Rohstoffhändler wie «Vitol» hervor, das dem Inselstaat Kuba zu Öldeals verhalf und dafür den Zucker zu günstigen Preisen abnahm, als Kuba in den 90er Jahren zahlungsunfähig war.

Es wurde gemunkelt, dass «Vitol» in Kuba ein Luxushotel finanzierte und betrieb und sich der damalige wie «Vitol»-Chef Ian Taylor ab und zu mit Fidel Castro zu einem Zigarrenschmauch und einen Cuba libre traf. In den 90er Jahren kamen dann die ehemaligen Sowjetrepubliken zu den neuen Rohstoff-Eldorados hinzu. Die Schweizer Rohstoffhändler kontrollieren fast 80 Prozent des weltweiten Handels und agieren skrupellos. Der Fall «Gunvor» im Kongo, die Machenschaften der «Credit Suisse» in Mosambik sowie die Geldwäscher-Affäre in Bulgarien zeigen exemplarisch die Spitze des Eisbergs der Korruption. Der Bundesrat bestätigte zwar in einem Bericht „das grosse Korruptionsrisiko“, tat aber nichts weiter, um die Bankenaufsicht zu stärken und die Geldwäscherei einzudämmen. Die Rohstoffhändler «Glencore», «Trafigura», «Vitol», «Mercuria» und «Gunvor» erhielten nach Recherchen von Public Eye von 2013 bis 2019 insgesamt 363,8 Milliarden US-Dollar an Krediten. «Public Eye» untersuchte auch die hochrisikoreichen Finanzinstrumente und –praktiken der Rohstoffhändler, die mittlerweile selbst als Banken fungieren, sich aber weitgehend der Finanzkontrolle und der Banken- und Finanzaufsicht «finma» entziehen. «Gunvor» zahlte in den USA 164 Millionen Strafe für die Verfehlungen in Brasilien, Equador und Mexico. Es ist stossend, dass sich grosse Konzerne, Banken und Superreiche immer wieder mit lächerlichen Bussen freikaufen können, derweil andere für viel geringe Taten ins Gefängnis wandern. Beispiele dafür gibt es auch in der Schweiz genug.

Erst im November 2020 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur «Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) vorgelegt, und sie ist erneut ein Armutszeugnis für die „saubere“ Schweiz. Noch übler sieht die Bilanz der Vorzeigeschweiz aus, wenn man die wirtschaftlichen Faktoren des grössten Off-Shore Finanzplatzes berücksichtigt, denn Ende 2019 verwalteten Schweizer Banken ein Viertel des Weltvermögens. Sagenhafte 3742,7 Milliarden Franken. Allein die 300 reichtsten Schweizer besitzen ein Vermögen von über 400 Milliarden Franken, aber das immense Vermögen wird kaum in nachhaltige Projekte investiert. Im Gegenteil. Die Goldgrube und Steueroase Schweiz begünstigt und schützt Hunderte potenter Hauptsitze multinationaler Rohstoff-Konzerne und trägt massiv zum Abfluss von Privatvermögen aus den Entwicklungsländern und damit zur weltweiten Umverteilung von unten nach oben bei. Die Ausbeutung und Gier kennt keine Grenzen, auch nicht in Zeiten von Covid-19, ganz im Gegenteil, sie begünstigt die Globalen Technogiganten und Superreichen. Und dieser grosse Schatten fällt auf die Schweiz zurück, egal wie weiss wir das Image waschen und wie schön wir es uns einreden oder anderen predigen!

Die Schweiz glänzt in vielen Statistiken, wie beim Gold- und Geld-Reichtum, beim Glücklich sein, bei den Patenten, beim Receyclen doch die Realität sieht ganz anders aus. Neben den 810‘000 Millionären und einigen Milliardären gibt es in der kleinen Schweiz über 300‘000 Familien, die ihre Krankenkassenprämie nicht bezahlen können, 240‘000 Personen, die für ihre Steuerschulden betrieben wurden und über 400‘000 Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Die Sozialausgaben bei Bund, Kantonen und Gemeinden verdreifachten sich in den letzten 15 Jahren, hinzu kommt, dass ein Prozent die Hälfte des Gesamtvermögens für sich behält. Was heisst das? Das bedeutet das Unternehmen in der freien Marktwirtschaft Arbeitsplätze mit existenzsichernden Löhnen anbieten müssten und über Coperate Governance hinaus eine Wertschöpfung für die Gemeinschaft ausweisen müssten anstatt nur Dividenden für reiche Aktionäre.

Die «finma», die Schweizer Finanzmarkaufsicht ist eine Schlafmützen und Beschwichtigungsbehörde par excellence. Bei Whistleblowern sieht die Sache ganz anders raus, diese werden verfolgt und wie Kriegsverbrecher behandelt. ZU diesem Missstand komme ich noch ausführlicher im letzten Kapitel. Es scheint in der Schweiz zum guten Ton zu gehören, dass reiche Menschen und Finanzinstitute sich an keine Regeln halten müssen und für ihre Delikte nicht inhaftiert werden.

„Der Kuhhandel hat in der Schweiz eben Tradition“, möchte da wohl manch einer salbungsvoller Politiker sagen. Aber auch in Deutschland passieren unsaubere Dinge von gigantischem Ausmass, wenn man auf den Abgasskandal der Deutschen Autobauer schaut. Bisher wurde noch keiner der glorreichen Automanager dafür persönlich gebüsst und belangt und in der Schweiz warten die geprellten Käufer von Stinkautos noch immer auf eine Entschädigung oder Nachrüstung. Die Schweizer Banken haben nichts hinzugelernt und helfen noch immer, korrupten Politikern und Kleptokraten ihre unrechtmässig entwendeten Staatsgelder zu verstecken, wie die Pandora Papers zeigen. Man sollte endlich jeden einzelnen daran beteiligten Banker zur Rechenschaft ziehen.

Kapitalismus- und Globalisierungskritiker Jean Ziegler, Genfer SP-Nationalrat und UNO-Sonderberichterstatter von 2000 bis 2008 sagte: „Für den Neoliberalismus ist der Egoismus der Motor. Für Antikapitalisten und soziale Menschen ist der Mensch vom Wunsch nach Solidarität, Reziprozität und Komplementarität beseelt“. „Die Oligarchie des globalen Finanzkapitals, flankiert von Aussenminister Ignazio Cassis, will die NGOs zum Schweigen bringen“, sagt Ziegler.

Es sei die Aufgabe der NGOs, gegen das fiskalische Ausbluten der Entwicklungshilfe und gegen die Straflosigkeit für Konzerne und Superreiche zu kämpfen. „Die Tatsache, dass die Schweiz Mafiosi, Diktatoren und korrupten Eliten den roten Teppich ausbreitet und Unterschlupf bietet, ist skandalös“, ergänzt der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter. Zwei Milliarden Menschen haben heute schon keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 62 UN Staaten praktizieren Folter. „Wir sind uns bewusst, dass wir diese kanibalistische Weltordnung so nicht wollen und nicht akzeptieren“, so lautet Zieglers Fazit auf Aufruf.

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Verbrechen gegen Rohingya: Amnesty belastet Militärspitze

Amnesty International hat umfangreiche und stichhaltige Beweise, dass der Oberbefehlshaber der Streitkräfte Myanmars, General Min Aung Hlaing, und 12 weitere Militärs und ranghohe Offiziere der Grenzpolizei in Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt sind.

Der Bericht «We Will Destroy Everything: Military Responsibility for Crimes against Humanity in Rakhine State, Myanmar» (PDF, 186 Seiten) fordert, dass die Situation in Myanmar dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) vorgelegt wird.

«Die Verbrechen, die von den Sicherheitskräften im nördlichen Gliedstaat Rakhine verübt wurden – einschliesslich Mord, Vergewaltigung, Folter, dem Niederbrennen und Aushungern ganzer Dörfer – war nicht die Aktion einzelner, fehlgeleiteter Einheiten. Es gibt überwältigende Beweise, dass es sich um einen minutiös geplanten, systematischen Angriff auf das Volk der Rohingya handelte», sagte Matthew Wells, Senior Crisis Advisor bei Amnesty International.

Umfassende Beweise

«Diejenigen mit Blut an den Händen – bis hin zum Oberkommandanten der Streitkräfte Min Aung Hlaing – müssen für ihre Rolle bei der Überwachung oder Durchführung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen gemäss dem Völkerrecht zur Verantwortung gezogen werden». Neben Min Aung Hlaing nennt Amnesty International neun Untergebene in den Tatmadaw – den Streitkräften Myanmars – und drei in der Grenzschutzpolizei (BGP) mit Rang und Namen.

Der Untersuchung liegt eine neunmonatige, intensive Recherche zugrunde, unter anderem in Myanmar und Bangladesch. Es ist der bisher umfassendste Bericht von Amnesty International darüber, wie das Militär in Myanmar am 25. August 2017 eine koordinierte Operation gegen das Volk der Rohingya startete.

Mehr als 702’000 Frauen, Männer und Kinder – über 80 Prozent der Bevölkerung im nördlichen Teil des Gliedstaates Rakhine – wurden in der Folge nach Bangladesch vertrieben. Der neue Bericht geht in erschütternden Details auf die Verbrechen ein, die bei den «Räumungsoperationen» des Militärs erfolgten. Grundlage sind mehr als 400 Interviews und eine Vielzahl von Beweismitteln, darunter Satellitenbilder, verifizierte Fotos und Videos sowie forensische Auswertungen und Waffenanalysen.

Der Bericht enthält auch die bisher detailliertesten Informationen über Gewaltakte der Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) vor Beginn der Vergeltungskampagne des Militärs. Dazu gehören Tötungen von Menschen aus verschiedenen ethnischen und religiösen Gemeinschaften sowie gezielte Tötungen und Entführungen von mutmasslichen Informanten durch die Aufständischen.

Neun von elf Arten von Verbrechen gemäss Römer Statut

Amnesty International hat die spezifischen militärischen Divisionen oder Bataillone, die an vielen der schlimmsten Gräueltaten beteiligt waren, identifiziert. Sie verübten mutmasslich neun von elf Arten von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäss Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs.

Amnesty International prüfte vertrauliche Dokumente über das Militär Myanmars, aus denen hervorgeht, dass während militärischer Operationen wie im nördlichen Rakhine-Staat die Streitkräfte vor Ort normalerweise unter der strengen Kontrolle hoher Befehlshaber operieren. Kampfverbände – welche die überwiegende Mehrheit der Verbrechen gegen die Rohingya begangen haben – haben strenge Berichtspflichten bezüglich Bewegungen, Einsätzen und Waffengebrauch, die ihre Kommandanten kannten oder hätten kennen müssen.

Darüber hinaus reisten führende Militärkommandanten, darunter Min Aung Hlaing persönlich, direkt vor oder während der ethnischen Säuberungskampagne in den nördlichen Bundesstaat Rakhine, um Teile der Operation zu überwachen. Hochrangige Militärbeamte wussten – oder hätten es wissen müssen –, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden, nutzten jedoch ihre Befehlsgewalt nicht, um diese Verbrechen zu verhindern, zu stoppen oder zu bestrafen. Ausserdem gibt es genügend Beweise, um eine Untersuchung darüber zu verlangen, ob einige oder alle der Verdächtigten direkt an der Planung, Anordnung oder Begehung von Mord, Vergewaltigung, Folter und dem Niederbrennen von Dörfern beteiligt waren.

Straflosigkeit muss ein Ende haben

Angesichts des wachsenden internationalen Drucks kündigten die Behörden Myanmars im vergangenen Monat die Einsetzung einer «unabhängigen Untersuchungskommission» an, um Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Frühere Ermittlungen der Regierung und des Militärs dienten nur dazu, militärische Gräueltaten zu beschönigen.

«Die internationale Gemeinschaft sollte sich von diesem jüngsten Versuch, die Täter zu schützen, nicht täuschen lassen. Stattdessen muss sie endlich den Jahren der Straflosigkeit ein Ende setzen und dafür sorgen, dass sich dieses dunkle Kapitel in Myanmars jüngster Geschichte nie wiederholt», sagte Matthew Wells.

«Der Uno-Sicherheitsrat muss die Situation in Myanmar dringend an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen, ein umfassendes Waffenembargo gegen Myanmar verhängen und gezielte finanzielle Sanktionen gegen hohe Beamte verhängen, die für schwere Verletzungen und Verbrechen verantwortlich sind. Die internationale Gemeinschaft sollte zudem den Uno-Menschenrechtsrat nutzen, um einen Mechanismus zur Sammlung und Aufbewahrung von Beweismitteln für künftige Strafverfahren zu schaffen».

Quelle: Amnesty International

EDA-Staatssekretär Yves Rossier in Saudi-Arabien, Kuwait und im Iran

Bern, 26.11.2015 – Der Staatssekretär des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Yves Rossier, ist am Donnerstag von einer offiziellen dreitägigen Reise nach Saudi-Arabien, Kuwait und in den Iran zurückgekehrt. Er führte am 23. November 2015 in Riad, am 24. November 2015 in Kuwait und am 25. November 2015 in Teheran diplomatische Gespräche.

Im Zentrum der Gespräche, die er während diesen drei Arbeitsbesuchen führte, standen verschiedene politische Themen von gemeinsamem Interesse, darunter die Vertiefung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und und den betreffenden Ländern, die Auswirkungen der Umsetzung der umfassenden Vereinbarung über das iranische Atomprogramm auf die Region und den Iran und die regionale Politik, insbesondere die Situation in Syrien, im Irak und im Jemen.

Bei seinem Aufenthalt in Saudi-Arabien brachte Yves Rossier insbesondere die Besorgnis der Schweiz über die Menschenrechtsverletzungen im saudischen Königreich zum Ausdruck. In Riad traf der Staatssekretär des EDA den Vize-Aussen-minister für multilaterale Fragen, Prinz Turki bin Mohammed bin Saud Al Kabir, sowie den Vize-Aussenminister für bilaterale Fragen, Khalid Al Jindan. Er sprach zudem mit dem Vize-Finanzminister, Hamad Sulaiman Al Bazi’l, und mit Abdullatif bin Rashid Al Zayani, dem Generalsekretär des Kooperationsrats der Arabischen Golfstaaten.

In Kuwait sprach Yves Rossier mit Vize-Aussenminister Khaled Sulaiman Al Jarallah. Die beiden Amtskollegen diskutierten über die bilateralen Beziehungen sowie über verschiedene aktuelle regionale Themen.

In Teheran schliesslich brachte Staatssekretär Rossier eine mögliche Zusammen-arbeit zwischen der Schweiz und Iran im Bereich der Justiz und der internationalen Sicherheit ins Gespräch. Ausserdem sprach der Staatssekretär des EDA mit seinen Gesprächspartnern über die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des institutionalisierten Menschenrechtsdialogs, ein zentrales Thema der Schweiz. Im Rahmen eines solchen Dialogs könnten Fragen wie Jugendstrafvollzug, Todesstrafe, Folter, Minderheitenrechte und Meinungsäusserungsfreiheit angesprochen werden. Ein erstes Treffen zwischen den beiden Parteien über die Wiederaufnahme des Dialogs soll nächsten Frühling stattfinden.

Staatssekretär Yves Rossier traf verschiedene iranische Entscheidungsträger, darunter seinen Amtskollegen, den iranischen Vize-Aussenminister für Europa und Amerika, Majid Takht Ravanchi, und den Vize-Aussenminister für arabische Länder und Afrika, Hossein Amir Abdollahian. Ausserdem führte er Gespräche mit dem Vize-Aussenminister für Justizangelegenheiten, Abbas Araghchi, dem Generalsekretär der iranischen Menschenrechtskommission, Mohammad Javad Larijani, und dem Vize-Sekretär des obersten nationalen Sicherheitsrates des Iran, Saeed Iravani. (Quelle: EDA)

Aserbaidschan: Europaspiele 2015 im Land der Unterdrückung

Public viewing am Züri-Fäscht auf dem Bellevue-Platz. Public viewing of the world cup during the Züri-Fäscht at Bellevue.viewing area at Bellevue how Germany wins against Argentina.

Kann der Fussball(verband) mehr bewegen, als nur feucht-fröhliches Gejohle? Bild: GMC/Gerd Müller

Einschüchterung, exzessive Polizeigewalt, Festnahmen von Regierungskritikern – dies sind  die Markenzeichen des Regimes in Aserbaidschan, das sich gerade als Gastgeber auf die Europaspiele vorbereitet. Das stellt Amnesty International in einem Bericht fest, der heute, hundert Tage vor der Eröffnungsfeier, veröffentlicht wurde.

Der Bericht «Guilty of Defending Rights: Azerbaijan’s human rights defenders and activists behind bars» dokumentiert die zunehmende Verfolgung von Regierungskritikern. Sie werden aufgrund falscher Anschuldigungen geschlagen, bedroht und eingesperrt, Zugang zu einem Anwalt oder dringende medizinische Hilfe wird ihnen verwehrt.

«Keiner sollte sich vom Glanz und Glamour der geplanten Eröffnungsfeier in Baku blenden lassen. Damit will die Regierung ihr Ansehen weltweit aufpolieren und ausländische Investoren anlocken. Das Regime in Aserbeidschan gehört zu den repressivsten in Europa. Wenn es Medaillen gäbe für die Zahl der inhaftierten Aktivistinnen und Menschenrechtsverteidiger, würde Aserbaidschan ganz oben auf dem Treppchen stehen», sagt Lisa Salza, Zentralasien-Koordinatorin bei Amnesty International Schweiz.

Mindestens 22 Gewissensgefangene befinden sich zur Zeit in Aserbeidschan im Gefängnis oder in Polizeigewahrsam und warten auf ein Gerichtsverfahren, in dem ihnen von Betrug über Unterschlagung bis hin zu Drogendelikten und Landesverrat alles vorgeworfen wird.
Präsident Ilham Alijew hat im Juni 2014 in einer Rede vor dem Parlament versichert, dass die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit im Lande garantiert seien. Die Aussagen von bekannten Menschenrechtsverteidigern zeugen vom Gegenteil. Sie sprechen von mehr als 90 Fällen, bei denen Menschen bedroht, eingeschüchtert, willkürlich verhaftet oder mit politisch motivierten Anklagen überzogen wurden, weil sie es wagten, die Regierung zu kritisieren.

«Die letzte Welle von Verhaftungen hat die Zivilgesellschaft gelähmt und die Meinungsfreiheit gedeckelt. Dies markiert in Sachen Menschenrechten einen historischen Tiefpunkt seit der Unabhängigkeit des Landes», so Lisa Salza.

Einschüchterung von Aktivistinnen und Journalisten

Die 60-jährige Leyla Yunus, eine der bekanntesten Kritikerinnen des Regimes, wurde im Juli 2014 verhaftet. Einige Tage zuvor hatte sie dazu aufgerufen, die Europaspiele wegen der verheerenden Menschenrechtlage im Land zu boykottieren. Leyla Yunus erzählte ihrem Anwalt, dass ein Gefängniswärter sie aus ihrer Zelle geholt und in einen leeren Raum eingesperrt habe. Dort sei sie zu Boden geschmissen und getreten worden. Ein anderes Mal sei sie von Gefängniswärtern sexuell belästigt worden. Sechs Monate wartete sie im Gefängnis auf ihre Gerichtsverhandlung. Unterdessen ging es ihr gesundheitlich immer schlechter, sie leidet an Diabetes und Hepatitis C. Leyla Yunus wurde wegen Verrats, krimineller Geschäftsaktivitäten, Steuerhinterziehung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Betrugs und Fälschung angeklagt. Die Anschuldigungen sind frei erfunden und eindeutig politisch motiviert.

Auch kritische Journalisten stehen im Fokus des Regimes. Am 5. Dezember wurde zum Beispiel die preisgekrönte investigative Journalistin Khadija Ismayilova unter fadenscheinigen Gründen festgenommen. Ihr wird vorgeworfen, einen ehemaligen Kollegen in den Selbstmord getrieben zu haben.

Die Regierung hat es auch explizit auf junge Aktivistinnen und Aktivisten abgesehen. Ihnen werden Drogenvergehen oder Rowdytum zur Last gelegt. Faraj Karimov, ein bekannter Blogger des Landes, sagte aus, dass er von der Polizei geschlagen worden sei, damit er zugebe, mit Drogen gehandelt zu haben.

Im Gefängnis wird häufig Gewalt ausgeübt. Orkhan Eyyubzade, ein 19-jähriger Demokratie-Aktivist war zwanzig Tage lang in Administrativhaft, weil er an einer nicht genehmigten friedlichen Demonstration teilgenommen hatte. Polizisten haben ihn nackt ausgezogen, gefesselt und verprügelt. Die Beamten drohten zudem, ihn mit einer Flasche zu vergewaltigen. Die Vorwürfe wurden nie untersucht. Stattdessen wurde Eyyubzade später vorgeworfen, er habe die Polizisten angegriffen. Eyyubzade wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Amnesty: politische Gefangene freilassen!

«Mit dem Blick auf die Petrodollars aus Aserbeidschan hat die internationale Gemeinschaft weggeschaut. Sie schweigt über das repressive Vorgehen der Behörden in Aserbeidschan und die andauernden Menschenrechtsverletzungen. Das ist extrem kurzsichtig und eine Missachtung der Menschen, die im Gefängnis sitzen», sagt Lisa Salza.

Amnesty International fordert die Behörden in Aserbeidschan auf, alle politischen Gefangenen bedingungslos freizulassen und alle Vorwürfe von Misshandlungen von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren zu untersuchen. Ausserdem fordert Amnesty, dass die Behörden damit aufhören, Menschen zu bedrohen oder sie wegen krimineller Machenschaften anzuklagen, nur weil sie von ihrem Recht auf Meinungs- oder Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben. (Quelle: Amnesty)


Links zu weiteren Specials und Dossiers

NGO-Radar | Datenschutz-Dossier | (A-)Soziales im Inland | Klima & Umwelt-Dossier

GMC’S NGO-RADAR

Geschätzte/r Leser/in

Hier finde Sie eine Übersicht der in den letzten Monaten publizierten humanitären Berichte aus NGO-Quellen. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und Unterstützung im Einsatz für die Menschenrechte, Pressefreiheit. für Frieden und Freiheit.


Menschenrechte

Kuba Papastvisite auf dem Plaza de Revoluccion in Havanna

Auch in Kuba muss noch viel für die Menschenrechte getan werden. Die Kirche setzt sich als einzige Institution für die kubanischen Dissidenten ein so gut es geht. Archivbild Papastvisite auf dem Plaza de Revoluccion in Havanna. GMC

AI-Zahlen zur Todesstrafe 2014: Weniger Hinrichtungen, mehr Todesurteile

Aserbaidschan: Europaspiele 2015 im Land der Unterdrückung

Iran: Frauen sollen zu «Gebärmaschinen» degradiert werden

20 Jahre nach der 4. Weltfrauenkonferenz: Schweiz zieht Bilanz

Stoppen Sie die Auspeitschung des saudischen Bloggers Raif Badawi

Menschenrechte: Die guten Nachrichten im AI-Rückblick 2014

Jeder kann jetzt ein Zeichen für die Menschenrechte setzen

Amnesty Kursprogramm 2015: Rüstzeug für Menschenrechtsaktivisten

Der Rechtsstaat darf nicht Foltern. Berechtigtes Quälen gibt es nicht

„Bush, Rumsfeld und Cheney gehören vor Gericht“

«Diebstahl industrielles Masses» unter Flagge des Anti-Terrorkrieges

Mexico: Folteropfer Ángel Amílcar Colón ist frei!

Uganda’s repressive Gesetze bei Homophobie und sexistischer Gewalt

Welttag gegen Todesstrafe: Hinrichtungen von geistig Behinderten stoppen!

Didier Burkhalter lanciert weltweiten Aufruf gegen die Todesstrafe

200’000 AI-Aktivisten im Kampf gegen Folter in Usbekistan


Konflikte & Terror

Im Red Cross South Africa Einsatz während des ANC-IFP Konfliktes. Bild: © GMC Photopress/Gerd Müller

Das IKRK setzt sich an vielen Konfliktherden für die Opfer ein und hat vom Bund 80 Mio. Franken für 2015 zugesprochen erhalten. Bild: © GMC Photopress/Gerd Müller

Allmytraveltips Foreign Affairs Dossier

Schweizer Beitrag für das IKRK beträgt rund 80 Mio. Franken

Swiss priorities in countering violent extremism

Seco berichtet über Ausfuhr von Kriegsmaterial im Jahr 2014

Terrorgefahr steigt: „Wir müssen mit allem und noch mehr rechnen“

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Schutz der Privatsphäre & Soziales Inland

Datenschutz-Dossier

UNO-Mandat für Sonderberichterstatter Recht auf Privatsphäre

Nein zum neuen Nachrichtendienstgesetz

ZAS-Whistleblower wurde für seine Zivilcourage bestraft

Whistleblower-Datenbank: Datenschützer setzt sich gegen EFK durch

Die totalitäre Überwachung bedroht unsere persönliche Würde

Signal an die USA: Snowden und  Manning für Nobelpreis nominiert

Schweizer Strafverfolger sollen Zugriff auf EU-Asyldaten erhalten

Bundesrat will Polizei-Zusammenarbeit mit EU vertiefen


Soziales

Der Empfangsraum bei den Sozialen Diensten von Zürich für Sozialhilfe-Empfänger,  wirtschaftliche Unterstützung, Familien- und Mütterberatung. Hier gibt es viele Broschüren und Kontakte u.a. auch zu Suchtberatungsstellen,

Zweiter Bericht zur rassistischen Diskriminierung in der Schweiz

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2016 besitzt 1 Prozent der Weltbevölkerung mehr als alle zusammen

Jahresbilanz 2014 der Härtefallkommission

Gut ist die Sozialhilfe auf dem Prüfstand. Doch der SVP-Radikalabau verfehlt das Ziel

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Internationale Abkommen

CETA: Das trojanische Pferd der Abkommen

Stoppen Sie die Auspeitschung des saudischen Bloggers Raif Badawi

Raif Badawis Gerichtsverfahren begann im Juli 2012 vor dem Ordentlichen Gericht in Jeddah. Dieses erklärte sich für nicht zuständig, da es befand, dass Raif Badawi den Islam nicht beleidigt habe und daher keine Anklage gegen ihn wegen «Apostasie» erhoben werden könne. Daher übergab das Ordentliche Gericht den Fall am 21. Januar 2013 dem Strafgericht in Jeddah.

Der Generalstaatsanwalt bestand jedoch darauf, dass Raif Badawi wegen «Apostasie» vor Gericht gestellt werden müsse. Der Fall wurde daraufhin einem Berufungsgericht überstellt, welches ermitteln sollte, ob der Fall dem Strafgericht in Jeddah oder einem anderen Gericht wie dem für Fälle von «Apostasie» zuständigen Ordentlichen Gericht in Jeddah übergeben werden solle. Das Berufungsgericht in Jeddah übergab den Fall dem Strafgericht, welches Raif Badawi am 29. Juli 2013 zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren und 600 Peitschenhieben verurteilte.

Raif Badawis Rechtsbeistand legte gegen dieses Urteil Berufung ein, mit der Begründung, der Fall sei von einem nicht unparteiischen Vertretungsrichter verhandelt worden. Am 11. Dezember 2013 entschied das Berufungsgericht, dass der Fall neu zu verhandeln sei und schickte diesen zurück an das Strafgericht in Jeddah. Am 25. Dezember entschied der Richter des Strafgerichts schliesslich, dass der Fall nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle, da es sich um Anklagen wegen «Apostasie» handle. Der Fall wurde zurück an das Berufungsgericht in Jeddah überstellt, welches entscheiden sollte, ob es den Fall wieder an das Strafgericht übergeben oder ihn selbst untersuchen solle. Das Berufungsgericht schickte den Fall zurück an das Strafgericht in Jeddah, das Raif Badawi am 7. Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben und einer Geldstrafe von einer Million Saudi-Rial (etwa 195 000 Euro) verurteilte. Raif Badawi legte daraufhin Rechtsmittel ein. Am 1. September 2014 bestätigte das Berufungsgericht das Urteil.

Die saudischen Behörden gehen weiterhin vermehrt gegen zivilgesellschaftliche AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen vor – per Gerichtsverfahren oder mit aussergerichtlichen Massnahmen wie Reiseverboten. Am 6. Juli 2014 wurde Raif Badawis Rechtsbeistand, der bekannte Menschenrechtsverteidiger Waleed Abu al-Khair, vom Sonderstrafgericht in Riad zu einer 15-jährigen Haftstrafe und einem anschliessenden Reiseverbot von 15 Jahren verurteilt. Die Anklagen gegen ihn lauten auf «Ungehorsam gegenüber dem Herrscher und der Versuch, seine Legitimität zu untergraben», «Kritik an der Justiz und Infragestellung der Integrität der Richter», «Gründung einer nicht genehmigten Organisation», «Schädigung des Rufs des Staates durch den Austausch mit internationalen Organisationen» und «Aufbereitung, Speicherung und Übermittlung von Informationen, die die öffentliche Ordnung beeinträchtigen».

Waleed Abu al-Khair wurde am 15. April festgenommen, nachdem er zur fünften Anhörung in seinem Verfahren vor dem Sonderstrafgericht in der Hauptstadt Riad erschienen war. Zuvor war er vom Strafgericht in Jeddah zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt worden, und am 6. Februar 2014 bestätigte das Berufungsgericht in Mekka das Urteil aufgrund ähnlicher Anklagen.

Körperstrafen wie Auspeitschung verstossen gemäss dem Völkerrecht gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe.

Empfohlene Aktionen von Amnesty International

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie inständig, keine Bestrafung durch Auspeitschung durchzuführen, da dies gemäss dem Völkerrecht gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verstossen würde.
  • Ich fordere Sie auf, Raif Badawi unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit in Haft ist.
  • Bitte heben Sie das Urteil gegen Raif Badawi auf.

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.

Appelle an

KÖNIG UND MINISTERPRÄSIDENT,
King Abdullah bin Abdul Aziz Al Saud,
The Custodian of the two Holy Mosques,
Office of His Majesty the King,
Royal Court, Riyadh,
SAUDI-ARABIEN.
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über Innenministerium)
(Anrede: Your Majesty / Majestät)

INNENMINISTER,
His Royal Highness,
Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud,
Ministry of the Interior,
P.O. Box 2933,
Airport Road, Riyadh 11134,
SAUDI-ARABIEN.
Fax: (00 966) 11 403 3125
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

VORSITZENDER DER MENSCHENRECHTSKOMMISISON,
Bandar Mohammed ‚Abdullah al-Aiban,
Human Rights Commission,
P.O. Box 58889, King Fahad Road,
Building No. 373,
Riyadh 11515,
SAUDI-ARABIEN.
E-Mail: hrc@haq-ksa.org
Fax: (00 966) 11 461 2061

Ambassade du Royaume d’Arabie Saoudite,
Kirchenfeldstrasse 64,
3005 Berne.
Fax: 031 351 45 81
E-mail: chemb@mofa.gov.sa

 

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