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Die Buschmänner, deren Leben im Einklang mit der Natur bald Geschichte ist

Auszug aus dem Buch des Zürcher Fotojournalisten Gerd Michael Müller

VORWORT

Dieses Buch des Zürcher Foto-Journalisten Gerd Michael Müller nimmt Sie ab den wilden 80er Jahren mit auf eine spannende Zeitreise durch 30 Länder und 40 Jahre Zeitgeschichte mit Fokus auf viele politische Hot-Spots und Krisenregionen. Er beleuchtet das Schicksal der indigenen Völker, zeigt die Zerstörung ihres Lebensraumes auf und rückt ökologische Aspekte und menschenrechtliche Schicksale in den Vordergrund. Er prangert den masslosen Konsum und die gnadenlose Ausbeutung der Resourcen an, zeigt die Schmetterlingseffekte der Hedge Funds und Auswirkungen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Prozesse auf und skizziert Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels. Sein Buch ist eine spannende Mischung aus gehobener Reiseliteratur und globalem Polit-Thriller, gespickt mit abenteuerlichen Geschichten – den Highlights seines abenteuerlich wilden Nomaden-Lebens für die Reportage-Fotografie eben.

Von den Tsodillo Hills im Nordwesten Botswana’s überfliegen wir den Garten Eden der Kalahari, das Okavango-Delta mit seinem opulenten Farbenspektakel samt abwechslungsreicher Fauna und Flora und sind zwei Stunden später mit der Propeller-Maschine mitten in der Zentral-Kalahari gelandet. Hier tauchen wir für ein paar Tage in das Bushmen-Leben der Ureinwohner ein. Nahe Ghanzi öffnet uns Neetljie (Njoki) Bower von der Grassland Safari Lodge das Tor zur Buschmänner-Welt. Ihre Familie ist seit 1890 hier in der Gegend sesshaft und die junge Mutter als auch ihre beiden blonden Töchter sprechen die Klicklaut-Sprache der Naro-San perfekt. Sie sind mit den Bushmen aufgewachsen.

In der Zentral-Kalahari leben damals rund 16‘000 Buschmänner. Und im gesamten südlichen Afrika schätzt man ihre Zahl auf rund 100‘000. Sie sind meisterhafte Spurenleser, berüchtigte Jäger, begnadete Bogenschützen – und wahre Ökologen. Sie leben nach dem Eros-Prinzip, das alles mit allem verbindet: «Alles gehört Mutter Natur und Mutter Erde. Keiner besitzt etwas. Alles wird geteilt», erklärt mir der junge San Suruka die Weltanschauung der San am Fusse der Tsodillo-Hills mit den uralten Felszeichnungen.

Neetljie bringt mich zu einer Naro-Bushmen-Sippe und erklärt mir an zwei Tagen, die Pflanzenwelt der San und ihre Verwendung als Nahrung oder für medizinische Zwecke. Die letzten der noch rund 16‘000 Ureinwohner Afrikas leben zurückgezogen in der Zentral-Kalahari im Süden des Okavango-Deltas oder bei den Tsodillo-Hills noch immer ihre eine Jahrtausende alte Jäger- und Nomadenkultur, die es in wenigen Jahren schon nicht mehr geben wird.

Alles gehört der Mutter Natur, das ist die Kultur der Buschmänner und Frauen. Die San sind meisterhafte Spurenleser, berüchtigte Jäger, begnadete Bogenschützen und wahre Ökologen. Nichts wird verschwendet. Alles gehört Mutter Natur und Erde. Keiner besitzt irgendetwas. Alles, was gebraucht oder erlegt wird, wird geteilt, erklärt und Neltjie, was die Bushmänner-Sippe uns erzählt. Für die San ist alles Geist und Materie – göttlich zugleich.

Das ist das Bushmen-Lebensprinzip. Auch Eros-Prinzip – das alles mit allem verbindet, genannt. „Da wir Buschmänner kein Privateigentum, weder Zäune noch Grenzen kennen, unser Leben von der Wanderung der Tiere und der Gezeiten abhängt und wir nach dem Prinzip leben, das die Natur allen Menschen gehört und sie sich nur das nehmen, was sie brauchen, hat man uns wie Freiwild gejagt, vertrieben und erschossen, erzählt uns Suruka auf der Fahrt über die Sümpfe.

Alles gehört der Mutter Natur, das ist die Kultur der Buschmänner und Frauen. Die San sind meisterhafte Spurenleser, berüchtigte Jäger, begnadete Bogenschützen und wahre Ökologen. Nichts wird verschwendet. Alles gehört Mutter Natur und Erde. Keiner besitzt irgendetwas. Alles, was gebraucht oder erlegt wird, wird geteilt, erklärt und Neltjie, was die Bushmänner-Sippe uns erzählt. Für die San ist alles Geist und Materie – göttlich zugleich.

Um dies zu verdeutlichen, erzählen uns die kleinwüchsigen, zähen Menschen mit den kurzen, pechschwarzen Locken und pfirsichfarbenen Hauttönen von der Jagd. Sie bestreichen den Schaft ihrer Pfeile mit einem Gift, das sie aus Raupen gewinnen. Die Dosis des Gifts wird je nach Tier, das erlegt wird, exakt gewählt. Nichts wird verschwendet – nicht einmal ein Tropfen Giftes. Die San haben gelernt, auch in den unwirtlichsten Gegenden des Kontinents zu überleben.

„Nicht die Pfeilspitze sondern der nur Schaft wird mit dem tödlichen Gift bestrichen, um die Verletzungsgefahr zu verringern“, erklärt uns ein anderer Naro-Bushmen und zeigt uns, dass die Pfeilspitzen sind so konstruiert, dass im Fell des Tiers stecken bleiben, der Schaft jedoch abfällt und wiederverwendet werden kann. Auch die Dosis wird je nach Tier exakt gewählt. Die Buschmänner verschwenden nichts, auch keinen Gift-Tropfen. Das vergiftete Fleischstück wird später herausgeschnitten und den Geiern überlassen. Tierisches Eiweiss ist eine wichtige Nahrungsquelle für die Buschmen.

Diese Anpassungsfähigkeit wurde aus der Not geboren, wie uns Suruka weiter erzählt: „Wir Buschmänner kennen kein Privateigentum, weder Zäune noch Grenzen. Unser Lebensrhythmus ist auf die Wanderung der Tiere und Gezeiten abgestimmt. Wir leben nach dem Prinzip, dass die Natur allen Menschen gehört und jeder sich nur das nehmen soll, was er braucht. Dies hatte zur Folge, dass man unser Volk während Jahrhunderten wie Freiwild gejagt, vertrieben und getötet hat.“ Täter waren sowohl andere afrikanische Stämme als auch die europäischen Kolonialherren unter ihnen die Deutschen im damaligen Südwest-Afrika und heutigen Namibia.

Ein weiteres mystisches Erlebnis hatte ich dann beim Aufstieg zu den über 6000 Jahre alten Felszeichnungen in den zerklüfteten Felsen. Suruka versuchte mir in seiner Klicklaut-Sprache irgendetwas zu sagen, so in der Art, dass wir auf Wächter stossen werden, vor denen ich mich aber nicht fürchten sollte. Die Wächter waren wohl die beiden Klapperschlangen, die vor unseren Augen quer von einem Felsvorsprung auf den anderen rüber glitten und zwar gleichzeitig von zwei Seiten. Wäre ich allein gewesen, wäre ich wohl nicht weitergegangen. Mit Suruka fühlte ich mich sicher und durfte mit ihm die magischen, uralten Felsmalereien bestaunen. Etwa 12 Jahre später sah ich dann einen Film auf «BBC» bei dem Suruka wieder auftauchte und die Filmcrew zu den Tsodillo-Hills führte.

In der Tat gab es früher sogar Lizenzen für das Töten von Buschmännern. Sie wurde gejagt wie wild. „Nach und nach wurden wir in die Wüste gedrängt und haben sich den unwirtlichen Bedingungen angepasst. „Wir haben mit Wasser gefüllte Straußeneier im Sand vergraben und Wasserdepots in der Wüste angelegt, an Orten, die über kein Grundwasser verfügen. So wurden wir zu Überlebenskünstler in der Wüste“, schließt Suruka seinen Diskurs über die letzten trüben 300 Jahre Bushmen-Geschichte. Doch kommen wir noch zu ein paar Köstlichkeiten aus der Bushmen-Küche.

Ein weiteres mystisches Erlebnis hatte ich dann beim Aufstieg zu den über 6000 Jahre alten Felszeichnungen in den zerklüfteten Felsen. Suruka versuchte mir in seiner Klicklaut-Sprache irgendetwas zu sagen, so in der Art, dass wir auf Wächter stossen werden, vor denen ich mich aber nicht fürchten sollte. Die Wächter waren wohl die beiden Klapperschlangen, die vor unseren Augen quer von einem Felsvorsprung auf den anderen rüber glitten und zwar gleichzeitig von zwei Seiten. Wäre ich allein gewesen, wäre ich wohl nicht weitergegangen. Mit Suruka fühlte ich mich sicher und durfte mit ihm die magischen, uralten Felsmalereien bestaunen. Etwa 12 Jahre später sah ich dann einen Film auf «BBC» bei dem Suruka wieder auftauchte und die Filmcrew zu den Tsodillo-Hills führte.

In der Tat gab es früher sogar Lizenzen für das Töten von Buschmännern. Sie wurde gejagt wie wild. „Nach und nach wurden wir in die Wüste gedrängt und haben sich den unwirtlichen Bedingungen angepasst. „Wir haben mit Wasser gefüllte Straußeneier im Sand vergraben und Wasserdepots in der Wüste angelegt, an Orten, die über kein Grundwasser verfügen. So wurden wir zu Überlebenskünstler in der Wüste“, schließt Suruka seinen Diskurs über die letzten trüben 300 Jahre Bushmen-Geschichte. Doch kommen wir noch zu ein paar Köstlichkeiten aus der Bushmen-Küche.

„Nicht die Pfeilspitze sondern der nur Schaft wird mit dem tödlichen Gift bestrichen, um die Verletzungsgefahr zu verringern“, erklärt uns ein anderer Naro-Bushmen und zeigt uns, dass die Pfeilspitzen sind so konstruiert, dass im Fell des Tiers stecken bleiben, der Schaft jedoch abfällt und wiederverwendet werden kann. Auch die Dosis wird je nach Tier exakt gewählt. Die Buschmänner verschwenden nichts, auch keinen Gift-Tropfen. Das vergiftete Fleischstück wird später herausgeschnitten und den Geiern überlassen. Tierisches Eiweiss ist eine wichtige Nahrungsquelle für die Buschmen.

Die erlegte junge Oryx-Antilope ist daher ein Glücksfall, für die sich sonst nur von Tsi-Bohne, Mongongo-Nüssen, Melonen, Wurzeln und Früchten im Bush ernähren. So spendet der Boscia albitruna Früchte, die mit Wasser vermischt einen Jus geben oder auch so verzehrt werden können. Geröstet schmecken sie dann wie Kaffebohnen. Auch der Traubenbusch (Grewia flava) gibt viel her: Die Früchte sind essbar oder für ein Bier-ähnliches Getränk geeignet. Sie spendet auch Zucker und die Stäbe, die zum ausgraben der Wurzeln und als Gehstock gebraucht werden.

Der Kalahari taaibos (Rhus tenuineruis) hat die richtigen Blätter, damit das Wasser frisch in den Strausseneiern bleibt, die in der Wüste als Wasserdepot vergraben wurden. Als Snack rösten die San die Bohnen der Tylosema esculentu oder eine Citerillus lanchus.

Mit dem Untergang der San geht auch ein hierzulande eher unbekanntes Stück Geschichte Afrika’s verloren. „Lange kann es nicht mehr dauern, bis wir von der Mutter Erde endgültig verschwunden sind, sinniert Suruka, ein junger San vor sich hin. „Das Schicksal unseres Volkes ist besiegelt. Der Sternenhimmel zeugt von Vergänglichem und Ewig währendem“, fährt Suruku gedankenverloren fort. Und wie vergänglich ein Stück Menschheitsgeschichte dazu ist – vielleicht bald einmal auch die unsrige Geschichte ist, fällt mir dazu spontan ein. Schliesslich sind fast alle Hochkulturen nach spätestens 2000 Jahren untergegangen. Nicht nur unser Resourcenverbrauch ist beängstigend, auch die sich häufenden Pandemien fallen auf. Da könnte noch mehr auf uns zukommen.

Auszug aus dem Buch «Nomadenleben für die Reportage-Fotografie» des Zürcher Fotojournalisten Gerd M. Müller

Zur Publikationsübersicht nach Ländern

Zu den Berichten über die Buschmänner und Frauen

Okavango Delta: Grandioses Wüsten-Biotop unter Wasser  

HIV-Kinder- und Oekoprojekte in 7 afrikanischen Ländern

Paradiesische Landschaft – gefährdetes Leben  (L&G)            

Afrikas Ureinwohner sterben aus  (Mittelland Zeitung)                              

Die Okavango-Sümpfe – bedrohtes Paradies in der Wüste (Basler Zeitung)  

Okavango-Delta, der Garten Eden der Kalahari  (Brückenbauer)                          

Botswana: Biotop in der Wüste  (AT/BT)        

Zu den Print Reportagen von Gerd Müller über Südafrika:

Aargauer Zeitung: Der neue Feind heisst Kriminalität

Tages Anzeiger: Südafrika steht ein Bombenjahr bevor

Tages-Anzeiger: Alle 40 Minuten wird ein Mensch getötet

Travel Inside: Vom ANC-Aktivist zum Tourismuspromotor

Relax & Style: Ökopioniere und sozial Engagierte

Südostschweiz: Beim Büffel auf den Baum  

Sonntags Blick: Tierparks so gross wie die Schweiz

Reiseplaner: Nächster Halt am Zebrastreifen

On Trip: African Healer (On Trip)

 

IN EIGENER SACHE: IHR BEITRAG AN HUMANITAERE UND OEKO-PROJEKTE

Geschätzte Leserin, werter Leser

Der Autor unterstützt noch immer zahlreiche Projekte. Infolge der COVID-19 Pandemie ist es aber für den Autor selbst für und zahlreiche Projekte schwieriger geworden. Die Situation hat sich verschärft. Für Ihre Spende, die einem der im Buch genannten Projekte zufliesst, bedanke ich mich. Falls Sie einen Beitrag spenden wollen, melden Sie sich bitte per Mail bei mir gmc1(at) gmx.ch.