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Kompromissfreudiger Klimarechner

ETH Climate Calculator

ETH Climate Calculator (Bild: Montage ETH Zürich / Colourbox)

Wenn es derzeit an der COP oder künftigen Klimaverhandlungen darum geht, das globale CO2-Budget gerecht unter den Staaten zu verteilen, sind Ansätze gefragt, die Vergleiche ermöglichen und einen fairen Kompromiss erlauben. Genau das bietet ein neuer Klimarechner der ETH Zürich, mit dem man länderspezifische CO2-Budgets berechnen kann. Von: Dr. Max Meulemann, ETH Zürich

Die grosse Herausforderung der laufenden Klimaverhandlungen ist, die Interessen der reichen, entwickelten Nationen und jene der Entwicklungsländer auf einen Nenner zu bringen. Da ein weltweites Klimaabkommen die verbleibende Menge an Emissionen (das CO2– oder Carbon Budget) festlegen wird, muss dieses Budget auch unter den teilnehmenden Ländern aufgeteilt werden. Prinzipien von Fairness und Gerechtigkeit können entscheidend dazu beitragen, ob Länder dem Abkommen zustimmen und sich in der Folge daran halten werden. Unser Lehrstuhl für Ökonomie/Ressourcenökonomie hat nun mit dem ETH Climate Calculator ein webbasiertes und frei zugängliches Werkzeug programmiert, das länderspezifische Carbon Budgets auf Basis dreier Verteilmethoden berechnet und die Konsequenzen dieser drei Ansätze visualisiert. Einer der genannten Verteilmechanismen ist die von Prof. Lucas Bretschger entwickelte Equity-Principles-Methode (siehe dazu auch den Autorenbeitrag von Lucas Bretschger im Economist [1]).

Emissionen fair verteilen mit Equity Principles

Das Kyoto Protokoll zeigte, dass ein weltweites Klimaabkommen durchaus möglich ist; doch waren die teilnehmenden Staaten nicht in der Lange, eine allgemeingültige Regel zur Verteilung der Emissionen zu finden. Obwohl Länder wie Norwegen und die Schweiz Verteilschlüssel auf Basis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Ability to Pay) oder vergangener Emissionen (Polluter Pays oder Cost Sharing) vorschlugen [2], fand sich leider keine Mehrheit dafür. Unsere Equity-Principles-Methode greift diese Prinzipien wieder auf und bietet eine einfache Formel, um länderspezifische Carbon Budgets zu berechnen. Damit sollten Kompromisse möglich werden, die zur Lösung der Verteilungsfrage beitragen können.

Wahl von Temperaturziel und globalem Budget

Für den ökologischen Erfolg des Klimaabkommens muss zuerst ein weltweites Budget oder Temperaturziel gefunden werden. Der Konsens der Klimaverhandlungen der letzten Jahre ist das Zwei-Grad-Ziel, das den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf weniger als zwei Grad begrenzen will. Je nach angestrebter Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, sind verschiedene globale Budgets möglich (siehe Tabelle). Eines davon gilt es auszuwählen.

Tabelle Globales Carbon Budget
Drei Szenarien eines Globalen Carbon Budgets für das Zwei-Grad-Ziel. (Quelle: ETH Zürich / Max Meulemann)

Ein Klimarechner – drei Verteilmethoden

Ist der globale Kuchen einmal bestimmt, geht es ans Verteilen. Dabei möchten alle Länder ein möglichst grosses Stück. Unser Climate Calculator erlaubt es, folgende drei Verteilmethoden miteinander zu vergleichen:

  • die Equity-Principles-Methode berechnet einen Fairness Index an Hand von vier verschiedenen Gerechtigkeitsprinzipen: Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Verdienstprinzip, Kostenteilung und technische Effizienz.
  • die Egalitaristische Methode verteilt das Carbon Budget proportional zur Bevölkerungsmenge.
  • und die Carbon Steuer, die weltweit die Energiepreise einheitlich erhöht, um die Emissionen auf das Carbon Budget zu begrenzen.

Aus ökonomischer Perspektive erreichen alle drei Methoden das Ziel effizient und effektiv, doch unterscheiden sich die länderspezifischen Carbon Budgets erheblich.

Die nachfolgende Grafik zeigt in vereinfachter Form, wie die Höhe der länderspezifischen Budgets von den aktuellen Pro-Kopf Emissionen abhängt. Auf Grund der Höhe das Budgets würden arme Ländern mit niedrigen Pro-Kopf Emissionen die Egalitaristische Verteilung (rote Linie) bevorzugen, weil ihnen das ein vergleichsweise hohes Budget bringt; reiche Länder mit hohen Pro-Kopf-Emissionen wählen entsprechend die Carbon Steuer (grüne Line). Die blaue Linie der Equity-Principles-Methode verläuft genau zwischen diesen Extremen, so dass sich entwickelte Länder und Entwicklungsländer annähern.

Drei Verteilmethoden graphisch dargestellt.
Der ETH Climate Calculator verent drei verschiedene Verteilmechanismen, um ein nationales Carbon Budget zu bestimmen. (Graphik: ETH Zürich / Lucas Bretschger)  

Beispiel: Die sieben grössten CO2-Emittenten

Um diese stilisierte Betrachtung zu verdeutlichen, zeigt die nächste Tabelle die berechneten Landes-Budgets in Gigatonnen (Gt) CO2 für die sieben grössten Emittenten (unter Annahme des mittleren Szenarios von 1440 Gt CO2 für das globale Budget). Die Budgets der Equity-Principles-Methode liegen dabei immer zwischen der Egalitaristischen Methode und der Carbon Steuer.

Länderspezifische Kohlenstoff-Budgets
Länderspezifische Kohlenstoff-Budgets in Gt CO2 für die sieben grössten Emittenten. (Quelle: ETH Climate Calculator)

Unser Climate Calculator kann also helfen, die verteilungspolitischen Konsequenzen verschiedener Vorschläge für ein Klimaabkommen zu vergleichen. Die von uns vorgeschlagene Equity-Principles-Methode vereint Flexibilität und Fairness in einer überprüfbaren Formel und erlaubt einen Kompromiss zwischen den Forderungen der verschiedenen Teilnehmer der internationalen Klimaverhandlungen.

Weiterführende Informationen

[1] Artikel von Lucas Bretschger im Economist: A calculated approach: To get a climate agreement, first set out principles for fair cost-sharing

[2] UNFCCC Report von J. Depledge (2000): TRACING THE ORIGINS OF THE KYOTO PROTOCOL , Artikel 184-214

Zum Autor

Max Meulemann

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