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Botswana: Besuch bei den Bushmänner in der Kalahari

Auszug aus dem Buch des Zürcher Fotojournalisten Gerd Michael Müller

Hier sehen wir die San beim Feuer machen. Es sind die Hüter der heiligen Felsen Tsodillo Hills mit den Felsmalerein.

1986 nach dem ersten Aufenthalt in Südafrika mit drei Schweizer Reiseleiter aus London, brach ich zu einer Expedition ins Okavango Delta im Nachbarstaat Botswana auf. Mittlerweile hatten wir unsere Expedition ins Okavango Delta im Nachbarstaat Botswana aufgegleist und waren bereit, mit zwei Landrovern los zu fahren. Als drei weitere KollegInnen aus London eintrafen, ging es los auf eine aussergewöhnlich abenteuerliche Reise. Erst fuhren wir von Johannesburg nördlich zum Grenzfluss, der schon eine echte Herausforderung zu Überquerung darstellte und nur dank zwei Fahrzeugen und Seilwinden zu bewerkstelligen war. Dann ging es durch die Madikgadikdadi Salt Panels nach Maun und von dort über Kasane weiter zur «3rd Bridge», dann zum Savuti Channel im Moremi Game Reserve und schliesslich gelangten wir bei den Victoria-Fällen an. Das hört sich jetzt ganz einfach an, war aber ein höllisch heisser Trip mit vielen Lehrstücken beim Überleben in der afrikanischen Wildnis.

Zum Glück war Johann, ein erfahrener und verlässlicher südafrikanischer Safari-Guide, der uns in die Gefahren und Bush-Erlebnisse einführte. Es war beängstigend in einem kleinen Zelt zu schlafen und ein paar Elefanten vor bzw. über einem stehen zu haben und die Aeste herunter prasselten, als sie über uns in den Kronen frassen. Erst wollten wir nicht im, auf oder unter den Landrovern schlafen und umstellten unser Zelt mit den Camping Stühlen zur dilettantischen Abwehr und als ein Art akustisches Alarmsignal vor dem Gefressen werden. Zum Glück hatte der Guide ein gutes Ohr und den sechsten Spürsinn eingeschaltet und warnte uns eines Nachts mit den Worten. „Die Löwen kommen, kommt schnell her und klettert aufs Dach rauf.“ Also hüpften wir wie die Gazellen mit Riesenschritten zu den Fahrzeugen und sprangen geschmeidig hoch. Dann kam das Löwengebrüll auch schon näher und ein beachtliches Rudel strich um unsere Fahrzeuge rum. Da wäre es im Zelt schon sehr ungemütlich geworden.

Es gibt nicht viel zu tun für ältere San Frauen. Erst wenn die Jäger zurück kommen sind sie beschäftigt

In einer anderen Nacht wachte ich auf und musste das viele Bier ausspülen, dass wir jeden Abend soffen. Also suchte ich mit der Taschenlampe aus dem Zeltschlitz heraus die Umgebung nach Augen ab, die im Schein der Taschenlampe aufblitzen würden. Noch etwas benommen vom Alkohol und der nächtlichen Hitze über 40 Grad sah ich nichts und wollte schon raus. Da lief das Flusspferd, das direkt vor dem Eingang stand, ein paar Schritte weiter und nun sah ich mehr von der nächtlichen Umgebung, blieb aber infolge des tierischen Nachbars vorsichtshalber geräuschlos im Zelt, denn Flusspferde sind die Todesursache Nummer eins in Botswana.

Und als wir nach einer Woche staubtrockener Tour bei über 40 Grad halb verdurstet endlich bei «3rd Bridge», ankamen, gab es kein Halten mehr, als wir Wasser sahen. Alle stürzten sich in den Hippo- und Krokodil-Pool rein, als gäbe es keine Gefahr. Wir waren ziemlich „lucky“. Ein anderes Mal musste ich beim Durchstreifen des Bush einen herannahenden Löwen mit Steinwürfen, Staub aufwirbeln und wütendem Fauchen in die Flucht schlagen. Was den Ausschlag für seinen majestätischen Rückzug gab, erfuhr ich nie.

Ja und dann stiessen wir auf Willy Zingg, einen ehemaligen Schweizer Militärpiloten, der hier in Botswana hängen blieb und zu einer Legende heran wuchs. Nicht nur seine furchtlosen Alligator-Beutezeuge auch seine tollkühne Flugakrobatik war weit herum bekannt. Er war ein Haudegen wie er im Bilderbuch steht. Wir lernten ihn unter dramatischen Umständen kennen. Wir fuhren gerade auf einen der selten zu sehenden Safari-Trupps zu und sahen, dass ein mächtiger Elefant den Landrover in die Mangel genommen hatte und kräftig durchrüttelte.

Später erfuhren wir, dass es ihm dabei um die Orangen gegangen war. Als nächstes sahen wir einen Mann zum anderen Fahrzeug spurten, der dann durchstartete und von hinten in den Elefanten rein fuhr. Das wirkte. Der Elefant bog mit lautem Trompengeheul links ab, trampelte dabei aber versehentlich über ein Zelt, in dem eine Frau lag und die dann an der Hüfte verletzt wurde. Ja, solche oder ähnlich heisse Situationen gab es einige auf diesem Trip. Wir blieben gottseidank alle verschont. Der Wahnsinn.

Dieser junge San sieht bei der Schmuckherstellung mit Knochenteilen zu. Gerd M. Müller/GMC

Eine weitere abenteuerliche Situation ergab sich, als Willy Zingg seine Landepiste bei den Tsodillo-Hills, den heiligen Bergen der San, der auch als Bushmänner bekannten Uhreinwohner der Kalahari, fertiggestellt hatte und mit dem San-Oberhaupt einen Rundflug machen wollte. Da bei der Landung das Fahrwerk nicht raus klappen wollte, musste der erfahrene Kampfpilot einen Looping drehen und das Flugzeug überrollen, um dank der Fliehkraft das verklemmte Fahrwerk wieder auszufahren. Das gelang und der erste San, der in den Himmel abhob, war zwar etwas „trümmlig“ aber hell begeistert.

Botswana: Die Wächterinnen der heiligen Tsodillo Hills

In der Zentral-Kalahari leben damals rund 16‘000 Buschmänner und im gesamten südlichen Afrika schätzt man ihre Zahl auf rund 100‘000. Sie sind meisterhafte Spurenleser, berüchtigte Jäger, begnadete Bogenschützen – und wahre Ökologen. Sie leben nach dem Eros-Prinzip, das alles mit allem verbindet: «Alles gehört Mutter Natur und Mutter Erde. Keiner be-sitzt etwas. Alles wird geteilt», erklärt mir der junge San Suruka die Welt-anschauung der San am Fusse der Tsodillo-Hills mit den uralten Fels-zeichnungen. Um dies zu verdeutlichen, erzählen uns die kleinwüchsigen, zähen Menschen mit den kurzen, pechschwarzen Locken und pfirsich-farbenen Hauttönen von der Jagd. Sie bestreichen den Schaft ihrer Pfeile mit einem Gift, das sie aus Raupen gewinnen. Die Dosis des Gifts wird je nach Tier, das erlegt wird, exakt gewählt. Nichts wird verschwendet – nicht einmal ein Tropfen Giftes. Die San haben gelernt, auch in den unwirtlichsten Gegen-den des Kontinents zu überleben. Diese Anpassungsfähigkeit wurde aus der Not geboren, wie uns Suruka weiter erzählt: „Wir Buschmänner kennen kein Privat-eigentum, weder Zäune noch Grenzen. Unser Lebensrhythmus ist auf die Wanderung der Tiere und Gezeiten abgestimmt. Wir leben nach dem Prinzip, dass die Natur allen Menschen gehört und jeder sich nur das nehmen soll, was er braucht. Dies hatte zur Folge, dass man unser Volk während Jahrhunderten wie Freiwild gejagt, vertrieben und getötet hat.“ Täter waren sowohl andere afrikanische Stämme als auch die europäischen Kolonialherren unter ihnen die Deutschen. Ein weiteres mystisches Erlebnis hatte ich dann beim Aufstieg zu den über 6000 Jahre alten Felszeichnungen in den zerklüfteten Felsen. Suruka versuchte mir in seiner Klicklaut-Sprache irgendetwas zu sagen, so in der Art, dass wir auf Wächter stossen werden, vor denen ich mich aber nicht fürchten sollte. Die Wächter waren wohl die beiden Klapper-schlangen, die vor unseren Augen quer von einem Felsvorsprung auf den anderen rüber glitten und zwar gleichzeitig von zwei Seiten. Wäre ich allein gewesen, wäre ich wohl nicht weitergegangen. Mit Suruka fühlte ich mich sicher und durfte mit ihm die magischen, uralten Felsmalereien bestaunen. Gut 12 Jahre später sah ich dann einen Film auf dem britischen TV-Sender «BBC» bei dem Suruka wieder auftauchte und die Filmcrew eben zu den Tsodillo-Hills führte, wie mich damals.

Das Okavango-Delta ist ein einzigartig schillerndes ja geradezu überirdisches Naturparadies und ein Tierreich, solange der Mensch aussen vorbleibt. Dies ist der Regierung in Botswana, einem der reichsten afrikani-schen Ländern, dank den reichhaltigen Diamentenvorkommen gut gelungen. Sie hat die Vorteile des nachhaltigen Safari-Tourismus früh erkannt und gefördert und viele grosse Gebiete unter Schutz gestellt. Ich bin im Laufe der 90er Jahre mehrfach ins Okavango-Delta gereist, dann aber schon eher auf luxuriöse Art und Weise mit Besuchen in den teuersten Luxus-Lodges von «Wilderness Safari». Nun, da man die Elefanten immer noch nicht ausreichend vor Wilderern schützen kann, kommt eine neue Seuche infolge des Klimawandels auf die Elefanten zu.  

Allein 2020 waren in Botswana im Okavango Delta beim Moremi Game Reserve 330 tote Tiere gezählt worden und das rätselhafte Massensterben setzt sich auch 2021 fort. Damals hatten die Behörden Cyanobakterien, auch Blaualgen als mögliche Todesursache ausgemacht. Der Internationale Tiersachutz Fonds (IFAW) kommt zum Schluss, dass das Massensterben mit einem beschränkten Zugang zu Frischwasser haben und deren Lebensräume u.a. durch die Viehwirtschaft immer mehr eingeengt werden. Zudem ist das Ansteigen der Cyanobakterien auf den Klimawandel zurückzuführen.

Der unsäglichen Wilderung könnte wohl nur Einhalt geboten werden, wenn China den Import stoppen und die Einfuhrbeschränkungen drastisch kontrollieren und durchsetzen würde. Warum also sollte die internationale Staatengemeinschaft und die Länder Afrikas nicht den Hauptverursacher für das Schlachten zur Verantwortung ziehen und China dazu zwingen, gegen den Elefenbeinhandel rigoros vorzugehen. China wäre mit all ihren Überwachungsmassnahmen in der Lage einen signifikaten Beitrag zur Lösung des Problems beizutragen.

Auszug aus dem unveröffentlichten Buch Highlights of a wildlife

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IN EIGENER SACHE: IHR BEITRAG AN HUMANITAERE UND OEKO-PROJEKTE

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Botswana: Afrikas Ureinwohner sterben aus

Botswana: Naro-San-Peoplenear Ghanzi in the central Kalahari. Naro-Buschm

Botswana: Naro-San-Buschmänner-Sippe nahe Ghanzi in der Zentral-Kalahari beim Jagdritual. Bild: GMC Photopress

Die San – Afrikas Ureinwohner – sind am Aussterben. Die Jahrtausende alte Kultur der Kalahari-Bewohner geht verloren. Mit ihrem Untergang  wird auch ein grosses hierzulande unbekanntes Stück afrikanischer Geschichte zu Grabe getragen.

In der gottverlassenen, höllisch heissen Kalahari-Wüste, am Fuss der heiligen Tsodillo-Hills, dem Sitz der Götter, hat sich eine Sippe von rund 30 Bushmänner, Frauen und Kinder niedergelassen. Sie zählen zu den wenigen tausend überlebenden Ureinwohner Afrikas, die noch nicht so mit der schwarzen Bevölkerung vermischt sind. Das sieht man gut an ihrer orange-farbigen, runzligen Haut.

Botswana: Naro-San-People near Ghanzi in the central Kalahari eating a melon. Naro-Buschmann-Sippe nahe Ghanzi in der Zentral-Kalahari von Botswana essen eine Melone

In der Kalahari finden die Buschmänner eine Melone.

Doch bald werden die Qhwai-xkhwe Völker, wie sich die weit übers südliche Afrika verstreuten Sippen des Jägervolkes auch nennen, ausradiert sein auf der ethnologischen Karte des schwarzen Kontinents. Zur Legende versteinert und nur noch verewigt auf den Jahrtausende alten Felszeichnungen ihrer Vorfahren in Südafrikas Drakensbergen und in Botswana’s Steppen, Halbwüsten und Geisterbergen. Für die San ist alles Geist und Materie. Damit leben die  Bushmänner und Frauen nach dem Eros-Prinzip, nach dem Grundsatz, der alles mit allem verbindet. Vernetztes Denken ist bei den San seit Jahrhunderten tief verwurzelt. Auch verfügen sie über eine Art Telepathie, mit der sie sich über weite Strecken verständigen.

Botswana: Bushmen are hunting with poisoned pfeilsticks. Die Buschmänner töten das Wild mit vergifteten Pfeilen.

Sie töten das Wild mit vergifteten Pfeilen. GMC

Die listigen Jäger und begnadeten Bogenschützen jagen Impalas, Kudus, Elefanten, Löwen und anderes Grosswild mit ihren vergifteten Pfeilen, deren tödliche Substanz einer Raupe entnommen wird, die nur zur Regenzeit auftaucht. Nicht die Pfeilspitze sondern der Schaft wird mit dem Gift bestrichen und schon die geringste Berührung mit einer Hautritze führe zum Tod, sagt Suruka. Sio verschwendet keinen Tropfen der zähflüssigen Substanz. Dabei gehen die Buschmänner äusserst sparsam mit dem Gift um und verschwenden keinen Tropfen. Sie kennen die tödliche Dosis der Tiere genau und haben mehrere Pfeile mit unterschiedlichen Dosen.

Klapperschlangen bewachen den „Louvre der Buschmänner“

HF Botswana: Buschman-Jäger vor Felszeichnungen | Botswana: Bushmen-hunter in front of stone-paintings. © GMC Photopress, Gerd Müller, gmc1@gmx.ch

Jahrtausende alte Felszeichnungen. © GMC Photopress

Nach diesen Ausführungen führt uns Sio ein betagter San in die heiligen Hügel zu den Felsmalereien, die zwischen 4000 bis 6000 Jahre alt sein sollen. Bei der Klettertour zischt es plötzlich vor unseren Augen und dann flitzen zwei Klapperschlange blitzartig vor unseren Augen durch die Luft von einem Felsturm auf den nächsten hinüber. Die Bushmänner nehmen es gelassen und sagen,  das seien die Wächter der heiligen Tsodillo Felsen. Doch den San ist der Zutritt gewährt. Und mich erkennen sie zum Glück als willkommener Gast der San an.

Seit 2002 zählen die Tsodillo Hills zu den Unesco Weltkulturerben. Das Areal mit den Nebenhügeln namens „Female“, „Child“ und Motherchild“ wurde durch sechs Trails erschlossen, die man mit einem Führer wählen kann, um zu den insgesamt rund 4000 uralten Felsmalereien zu gelangen, welche über die 20‘000 jährige Geschichte der San Auskunft geben. Bald werden diese Felsgemälde die letzten Zeugen eines weiteren ausgerotteten Volkes sein und dann wird auch jedem klar, „wie vergänglich die Menschheit doch ist“.

Freiheitsliebende Menschen wie Freiwild gejagt

BOT_Buschmänner_5149„Lange kann es nicht mehr dau- ern“, sinniert Suruka, ein junger San im Mondlicht und Schatten der geheimnisvollen Tsodillo Hills vor sich hin, „dann sind wir von hier verschwunden“. Das Schicksal unseres Volkes ist besiegelt. Der Sternenhimmel zeugt und erzählt davon, was ewig währt und wie vergänglich die Menschheit ist“.  Ein Jahr später hat sich seine Vorahnung bestätigt.  Auch er wurde aus seiner Heimat vertrieben und in das Central Kalahari Reserve a abgeschoben. Wie Tausende seiner Artgenossen. Damit teilen die Bushmännern das Schicksal der  Aborigines in Australien. Nur dass die San-Lobby viel schwächer ist und sie bei weitem nicht die Rechte der australischen Urbevölkerung geniessen.

Obschon viele San-Sippen an einen Ort verbannt wurden, an dem fast nichts gedeiht und keine wertvollen Ressourcen vorhanden sind, wurden sie weiterhin verfolgt. Die Tswanas, die Oberhäupter Botswanas, traditionelle Rinderfarmer, liessen sie nicht in Ruhe. Sie wurden zu Arbeiten jeglicher Art und zu vielen Tributen gezwungen. Entzogen sie sich diesen Aufgaben, wurden sie mit dem Tode bestraft. Die Tswanas behandelten die Bushleute fast wie ihre Leibeigenen und Sklaven. Und während des Angola-Krieges starben viele dieser begnadeten Spurenleser als sie im Dienst der Buren als Späher die kommunistischen Feinde ausmachten.

Immer wieder Opfer neuer Eroberer

HF Bushmen Boy Kalahari, Botswana. © GMC Photopress, Gerd Müller, gmc1@gmx.ch

Sie stellt Schmuck aus Strausseneiern her. © GMC

Die Buschmänner waren immer wieder Opfer territorialen Ansprüchen neuer Eroberer. Den Anfang der mörderischen Ausrottung der Bushmänner machten die Hottentotten. Ihrem Beispiel folgten andere schwarze Völker, wie die Zulu’s und Xhosa’s. Und auch die Buren bemächtigten sich ebenso blutrünstig wie unerbittlich auf ihrem „heroischen Trail“ Stück um Stück des Bushmen-Landes und vertrieben die kühnen Jäger aus ihren Jagdgründen. Zudem gerieten sie auch mit den Farmern in Konflikt. „Da wir Bushmänner kein Privateigentum kennen, weder Grenzen noch Zäune aufstellen oder kennen und unser Leben von der Wanderung der Tiere abhängig ist, leben wir nach dem Prinzip, dass die Natur allen Menschen gehört. Doch wurden wir von den Viehbesitzern  wie Freiwild gejagt. Auch in Namibia erging es den Buschleuten nicht besser. Auch die deutschen Soldaten hatten einen Schussbefehl für die Buschmann. „Die durfte man wie Freiwild behandeln und wie die Kaninchen abknallen“, protokollierte ein damaliger Zeuge.

Busch-Delikatessen: Wassermelonen und Truffes

Botswana: Naro-San-Peoplenear Ghanzi in the central Kalahari.

Die Truffes werden über dem Feuer gebraten. Bild: GMC

Ihre einzige Überlebenschance bestand im Rückzug in die Trockengebiete der Kalahari. Die Regierung Botswanas versuchte mit falschen Versprechungen zehntausende von Busch-männern in die 52‘000 km2 grosse Central Kalahari Reserve umzusiedeln. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit und Schlau- heit konnten sie trotz Wassermangel  lange im öden Durstland überleben. „Wir vergraben mit Wasser gefüllte Strausseneier an strategischen Orten im Sand“, verrät Suruka. Dank Beigabe eines speziellen Blattes eines bestimmten Strauches wird das Wasser bis zu sieben Monate konserviert. Zudem sind sie Meister im Aufspüren von unterirdischen Wasseradern, „die wir mit Röhrchen anzapfen“. Während der Untergang dieser unbeugsamen, stolzen Urahnen-Rasse mit den mongolischen Zügen, der pfirsichfarbenen, ledergegerbten,faltigen Haut Schlitzaugen und einer von Schnalz- und Klicklauten geprägten Sprache die zu den komplexesten Vokabularien der Welt gehört, gut dokumentiert ist, liegt ihr Ursprung bis heute im Dunkeln.

Man vermutet, dass sie die Jäger des paläolithischen Iberiens gewesen sind und die gleichen Ahnherren wie die alten Ägypter hatten. Ethnologen kamen zu diesem Schluss, weil die Buschmänner zwei genetische Facetten mit den Ägyptern teilen: Das „Tablier Egyptien“ überlange Schamlippen, die sich wie eine Hautschürze über die zarte Körperstelle wölbten und sie beim Durchstreifen des dornigen Busches vor Verletzungen im Intimbereich schützten.

HF: Ein Naro-Buschmann in Botswana © GMC Photopress, Gerd Müller, gmc1@gmx.ch

Auch die männlichen Bushleute besitzen eine seltene anatomische Originalität.Ihr herausragendes Merkmal ist der „Qhwai-xkhwe“, der von Geburt bis zum Tode stets hochgestellte Penis, den sie stets als Zeichen besonderer Würde verstanden und ihn auch auf den Felszeichnungen nie verhüllten. Auch heute scheuen sie nicht, Ihr Volk nach dieser Eigenart zu benennen. Sicher ist, dass die San vor rund 25‘000 Jahren und damit vor allen anderen indigenen Völker (wie den Hottentotten, Ovambos, Tswanas, Xkosas und Zulus) von Zentralafrika in den Süden wanderten und die südliche Hemisphäre Afrikas bevölkerten.

Jagd mit wohl dosiertem Raupengift

Die listigen Jäger und begnadeten Bogenschützen jagen Impalas, Kudus, Strausse und früher auch Grosswild wie Elefanten und Löwen mit ihren vergifteten Pfeilen, deren tödliche Substanz einer Raupe entnom- men wird, die nur in der Regenzeit zu finden ist, erklärt uns  der alte Sio. Nicht die Pfeilspitze sondern der Schaft wird mit dem Gift bestrichen, „den schon die geringste Berührung des Giftes mit einer kleinen Hautritze wäre tödlich“, versichert Suruka. Die Jäger kennen die tödliche Dosis für jedes Tier. So verschwenden sie keinen Tropfen des Nervengiftes zu viel. Sparsam und erfindungsreich ist ihr Umgang auch mit allen anderen Ressourcen der Umwelt. Sie nehmen nie mehr, als sie gerade brauchen. Eine Knolle, die nicht ganz aufgegessen wird, wird wieder vergraben. So sparsame und ökologisch vernüftig lebende Menschen haben in unserer konsumwütigen Welt wirklich keinen Platz mehr. Die Buschmänner gehen lieber in Freiheit unter, als dass sie sich nun auch noch zu Sklaven unserer Generation machen

Reiseinformationen

Botswana: Duma Tau Bushmen Ranger 55

Duma Tau Bushmen Ranger beim Spurenlesen.  GMC

Die meisten San leben heute infolge Zwangsumsiedlungen im Central Kalahari Reserve. Eine gute Stunde von Ghanzi entfernt liegt die Grassland Safari Lodge. Die Besitzerin der Farm, Neeltje de Graf Bower spricht die Sprache der Naro-San und führt die Besucher mit den Buschmännern in der Kalahari umher. Dort zeigen einige Sippen, wie sie im Busch überleben und welche Nahrungsmittel und Trink- wasserquellen ihnen zur Verfügung stehen. Manchmal weihen sie einen auch in ihre Rituale ein. Weitere Informationen via www.grasslandlodge.com

Auch im Deception Valley, dem Tal der Täuschungen, wird die touristische Entwicklung behutsam in Angriff genommen. Zwei bemerkensewerte Projekte  in Kuru und D’kar zeugen davon.

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