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Der Rechtsstaat darf nicht Foltern. Berechtigtes Quälen gibt es nicht

Der Rechtsstaat darf nicht Foltern. Auch dann nicht, wenn es nützt. Staatliche Folter ist also unter keinen Umständen legitim. Es sei denn, man könnte Hunderte oder Tausende Menschen direkt unmittelbar vor dem Tod retten – wagt man hinzuzufügen. Das Gesetz der USA und die von ihr ratifizierte Antifolterkonvention lassen zu Recht keine Ausnahme zu, die es einer staatlichen Institution erlauben würde, zu foltern. Es gibt kein berechtigtes Quälen. Ende der Diskussion.

Der 499 Seiten starke Bericht über die Verhörprogamme der CIA zeigen auf, dass die USA systematisch mit Folter- bzw. sogenannten Verhörmethoden experimentiert, die jeglicher Legitimation entbehrt. Die eigenen Rechtsprinzipien wurden ebenso gebrochen wie die internationalen Abkommen. Und für was? Für nichts!

Umsonst gefoltert und alle Belogen und Beschissen

Die Essenz der Senatsstudie unter Auswertung von rund 6,3 Millionen CIA-Dokumenten zeigt auf, dass all die Foltermethoden keine Erkenntisse hervorgebracht haben, die einen grösseren Anschlag vereitelt haben oder die nicht schon vor der Folterung der politischen Gefangenen bekannt gewesen wären. Allen Befürwortern „verbesserter Verhörmethoden“ nimmt die Studie ihr einziges Argument, dass das Foltern zahlreichen Menschen das Leben geschützt und zahllose Unschuldige vor dem Tod gerettet habe. Die Macht dieser Fakten reicht allerdings immer noch nicht aus, die US-Republikaner und Hardliner zur Einsicht zu bewegen, dass ihr Vorhaben ein Trugschluss war und zu einem der schattenreichsten Kapitel und irreparablen Reputationschaden der USA beigetragen haben.

Patrioten oder Idioten?

Denn eines ist klar: Wer auf die Rechtsstaatlichkeit und internationale Konventionen pfeifft, der kann sich weder als Retter der Welt aufspielen, noch als Demokratie-Exporteur profilieren und ist auf der Stufe von Verbrechern, Kriminellen, Söldner, Mördern und anderen Fanatikern anngelangt und hat jede moralische Autorität verspielt. Da muss man nicht das Gedankengut von Djhadisten besitzen.

Gerade zu zynisch und grotesk muten demnach auch die Aussagen von Bush „Diese Agenten sind Patrioten. Sie sollten als Helden ausgezeichnet werden „ und Dick Cheney „…“ an, angesichts der Tatsache, dass die CIA schon lange keine oder sehr spärliche und falsche Angaben aus den Folteropfern herauspresste und kundtat, dass die abscheulichen Foltermethoden auch den Agenten zusetzten, wurde dennoch der Befehl von oben gegeben, weiter zu machen.

Segen von ganz oben erhalten und nichts dazu gelernt

Im Juli 2003 lässt sich CIA-Direktor George Tennet seine „verbessertenVerhöre“ ausdrücklich von Vizepräsident Dick Cheney, Sicherheitsberaterin Condolezza Rice und Justizminister Ashcroft genehmigen. Dabei sollen Verhörmethoden wie das Waterboarding ausführlich zur Sprache gekommen sein. Sollte die Regierung das Programm beenden, könnten viele Leute sterben, war noch immer die Argumentation aus dem Kreis der Falken in der Bush-Administration. Der Generalinspekteur der CIA, John Helgerson bringt das Problem der USA auf den Punkt, als er darauf angesprochen wird, wieso sich die USA mit solchen Verhörmethoden und rechtsstaatlichen Dunkelkammern immer wieder in Not bringe: „Wir lernen nicht aus unseren Erfahrungen“.

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Eine arabisch ägyptische Zeitu8ng berichtet über die Folter von Us-Soldaten im Gefängnis Abu Ghuraib. A arabian egypt newspaper is reporting the torture from US-soldiers in Abu Ghuraib jail

Eine ägyptische Zeitung berichtet über die Folter von US-Soldaten in Abu Ghuraib.  Foto: GMC Photopress

Dick Marty, bekannt als Sonderermittler des Europarates, fordert Rechenschaft und Bestrafung der Verantwortlichen für die völkerrechtswidrigen US-Folter-Methoden der Anti-Terror-Politik der Bush-Administration. Auch Amnesty International und das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte in Berlin forderten schon 2011, dass gegen Spitzenpolitiker und hohe CIA-Leute eine Strafuntersuchung wegen Verletzung der Anti-Folter-Konvention eingeleitet werde. Höchste Zeit, denn solange dies nicht geschieht, wird es keinen Frieden und kein Terrorende geben, da die USA weiterhin als Unrechtsstaat dastehen.

Als Sonderermittler des Europarates hatte der frühere FDP-Politiker Dick Marty 2007 den aufsehenerregenden Bericht über die Geheimgefängnisse der CIA in Europa publiziert und die Anti-Terror-Politik der USA angeprangert. Marty hofft nun nach Bekanntwerden der sinnlosen Gräueltaten und Foltermethoden in Abu Ghraib, Guantanamo und den geheimen Militärgefängnissen anderswo, dass der Senatsbericht die Strafverfolgung der politisch Verantwortlichen ebenso voranbringt wie die Wiedergutmachung gegenüber den Opfern.

Rechtliche Möglichkeiten gäbe es, obschon die USA den Internationalen Strafgerichtshof (IGH) nicht anerkannt hat, haben die USA die Anti-Folter-Konventioin der UNO ratifiziert. Daher wären die USA rechtlich verpflichtet, „Verbrechen wie Folter zu untersuchen und die Verantwortlichen zu bestrafen“, sagt Patrick Müller, der bei Amnesty International Schweiz als Kampagnenleiter für den Bereich Folter zuständig ist. Auch Dick Marty sagt, „rechtliche Möglichkeiten gibt es zwar, aber der politische Wille fehlt sowohl der Obama-Regierung als auch dem Senat“.

Wo bleibt der Druck der Internationalen Gemeinschaft auf die USA?

Nun könnte die Internationale Gemeinschaft den Druck auf die USA durchaus ein wenig erhöhen – falls die USA keine Strafanzeigen einleiten -, indem andere Länder dies tun, da das Prinzip der universellen Justiz es jedem Staat erlaube, weltweit gegen Folter zu ermitteln. „Hopp Schwiiz“ könnte man da ja salopp sagen. In der Tat, bemühte sich sowohl Amnesty International in der Schweiz eine Strafuntersuchung gegen den früheren US-Präsidenten in Genf einzuleiten, als auch zahlreiche andere Organisationen, wie beispielsweise das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte in Berlin. Immerhin führte Amnesty’s Vorstoss zur Absage des Besuchs von Bush in der Schweiz. Denn kurz vor seinem Besuch hatte Amnesty bei der Genfer Staatsanwaltschaft und bei der Bundesanwaltschaft ein Dossier eingereicht, welches die Foltererungen der CIA dokumentierte. Da krebste Bush zurück.

USA müssen aktiv werden, doch Einsicht und politischer Wille fehlen

Der 499 Seiten starke Senatsbericht als Essenz einer Studie über die CIA-Foltermethoden, die als sogenanntes Verhörprogramm benannt wurden, offenbart, wie die Bush-Regierung nach 2001 systematisch die Gesetze und Werte der USA und der internationalen Gemeinschaft missachtet und mit Füssen getreten hat. Der Rechtsstaat wurde ausgehebelt und die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit wurden kontinuierlich belogen und betrogen.

Das Substrat aus über 6,3 Millionen Seiten CIA-Dokumente lautet schlicht und ergreifend, dass die Folter weder Anschläge verhindert noch Menschenleben gerettet habe. Höchstens haben die Folterer ein paar unschuldigen Menschen das Leben gerettet. Selten in der Geschichte, hat sich der Geheimdienst mit 13 Milliarden Budget ausgerüstet als derart unfähig und unklug erwiesen und bloss gestellt. Und dies of course um den Bush-Hardlinern zu Kreuze zu kriechen und deren Ideologie und Machenschaften mit dubiosen Informationen und Mitteln Blind vor Eifer tatkräftig zu unterstützen.

Diana Feinstein, die Vorsitzende des Senatsausschusses, hofft, dass die Aufarbeitung an sich eine Wiederholung der Gräueltaten verhindern möge. „Wenn Amerika sich als die „grosse und gerechte Nation“ in der Weltpolitik bezeichnen wolle, „dürfe sie ihre eigenen Regeln und Grundrechte nie wieder beiseite schieben.“

Geisteskranke Arroganz und niedrige Werthaltung

Doch leider ist von Einsicht bei den politischen Akteuren und amerikanischen Folterchefs keine Spur zu sehen, geschweige denn zu hören. Bush nennt die CIA-Folterer „richtig gute, patriotische Leute“. Sein damalige Vize Dick Cheney fordert Orden für die Menschenquäler – und will sich selbst wohl den grössten umhängen, garniert mit ein paar anderen Auszeichnungen und Verdienstorden. Auch die lasche Obama-Regierung hat kein Power, die gesetzeswidrigen, unmenschlichen, systematischen Praktiken und Verbrechen in ihrem hochgelobten Land juristisch zu verfolgen.

Wo Gerechtigkeit mit Füssen getreten wird, ist der Nährboden für Terror gross

Das ist die niederschmetterndste Tatsache, dass die USA weiterhin keinen Anstoss nehmen, dieses düstere Kapitel ihres Terrorregimes aufzuarbeiten und damit ihre Glaubwürdigkeit als intervenierender Weltpolizist und Rechtsstaat wieder herzustellen. Dem amerikanischen Justizsystem ist auch kein gutes Zeugnis auszustellen. Es wird als Handlanger einer willkürlichen, unrechtsstaatlichen Menschenrechtspolitik degradiert und überführt.

Die Diskussion um vertretbare Folter muss endlich ein Ende haben. Die Folterer müssen für Ihre Taten gerade stehen und mit Orden behangen ins Gefängnis gehen. Solange dies nicht geschieht, wird es keinen Frieden und kein Ende des Terrors geben. Da Gerechtigkeit nicht in Sicht ist, wird die Terror-Gewalt weiterhin das Zepter übernehmen.

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