Neue Dokumente zeigen, wie Gunvor ein ausgeklügeltes Schmiergeldsystem aufbaute, um an ecuadorianisches Rohöl zu gelangen. Während einem Jahrzehnt kassierte das Genfer Handelshaus 384 Millionen Dollar an unrechtmässigen Gewinnen. Dafür wurde es am 1. März 2024 von US-amerikanischen und Schweizer Gerichten verurteilt, aber seine Manager blieben bislang unbehelligt. Dabei hatte einer von ihnen direkt bei Petroecuador interveniert, um das Zustandekommen von Ölverträgen zu ermöglichen. |
Öl, Gewalt und Korruption: In diesem ecuadorianischen Umfeld tummelte sich Gunvor ein Jahrzehnt lang. Unter Präsident Rafael Correa wandte sich das unter akutem Kapitalmangel leidende Land, das eigentlich ohne globale Ölkonzerne auskommen wollte, ab 2009 für grosse Kredite an asiatische Staatsunternehmen. Diese sollten mit Rohöllieferungen zurückgezahlt werden. Eingefädelt wurden diese Verträge jedoch von Gunvor und seinen Genfer Konkurrenten Vitol und Trafigura, die so ohne Ausschreibung an den begehrten Rohstoff kamen und beim Weiterverkauf an peruanische oder US-amerikanische Raffinerien einen hohen Gewinn erzielten. Es passierte also genau das, was Ecuador immer verhindern wollte. Der neueste Report von Public Eye liest sich wie eine Gebrauchsanweisung für skrupellose Ölkonzerne. Bisher unveröffentlichte Dokumente zeigen, wie sich hochrangige Beamte von Petroecuador offen über illegale Gunvor-Provisionen unterhielten, die von zwei ecuadorianisch-spanischen Brüdern verteilt wurden. Diese Mittelsmänner erhielten vom Genfer Handelshaus zwischen 2013 und 2020 über 91 Millionen US-Dollar für ihre Dienste und haben sich in den USA inzwischen schuldig bekannt. Sie jonglierten mit Offshore-Firmen und Banken in mehreren Ländern, darunter ein Konto bei der UBS Zürich, und bestachen einen Manager von Petroecuador mit fast 7,5 Millionen Dollar, die laut dem Strafbefehl, den Public Eye einsehen konnten, teilweise aus der Schweiz kamen. Bis Mai 2020, als die Geschäftsbeziehung abgebrochen wurde, ignorierte die Gunvors Compliance-Abteilung sämtliche „red flags“. Unsere Recherchen ergaben, dass ein Gunvor-Manager der nationalen Ölgesellschaft Petroecuador empfahl, mit PTT International Trading zu kooperieren. Im Schuldanerkennungsabkommen mit der US-amerikanischen und der Schweizer Justiz vom März 2024 wird dieser singapurische Händler jedoch als Scheinfirma identifiziert, die Gunvor nutzte, um Ausschreibungsverfahren zu umgehen und so die Korruption zu erleichtern. Auf Anfrage von Public Eye antwortet Gunvor, dass «das Justizministerium nie festgehalten hat, dass [dieser Manager] ein Ziel seiner Ermittlungen war oder ist» und dass «keine der von der US-Justiz erwähnten Personen gegenwärtig für Gunvor arbeitet». Der Fall Ecuadors ist beispielhaft für den Rohstofffluch. Die Vorfinanzierungsverträge und die Deals mit Gunvor waren katastrophal für das Land. Um die zwischen 2009 und 2016 aufgenommenen Staatskredite in Höhe von 18,47 Milliarden US-Dollar zurückzuzahlen, mussten die nachfolgenden Regierungen ihr Rohöl immer tiefer im Amazonasgebiet zu suchen. Darunter leidet die ecuadorianische Bevölkerung bis heute. (Quelle: Public Eye) |