1996: Bali, Lombok und die Gili-Inseln

Auszug aus dem Buch von Gerd M. Müller

AUSZUG AUS DEM BUCH «DAS PENDEL SCHLÄGT ZURÜCK POLITISCHE & ÖKOLOGISCHE METAMORPHOSEN DES ZÜRCHER FOTO-JOURNALISTEN GERD MICHAEL MÜLLER

Auf Lombok, einer Nachbarinsel von Bali sind sowohl die Relikte des balinesischen Herrscherreiches, – die hinduistischen Tempel Pura Meru, Batu Bolong und die königliche Hofanlage Mayura –  als auch die Stätten, Kulturgüter und Bräuche der Sasak-Ureinwohner sichtbar. Die Sasak orientieren sich an der Wetu-Tela-Lehre des Propheten und waren aus Furcht vor separatistiscshen Bewegungen von der Suharto-Regierung in Jakarta offiziell nicht geduldet. Dennoch strömten an diesem Tag, an dem ich auf Lombok ankam, die DorfbewohnerInnen von Rambitan zusammen und ein langer Pilgerzug setzte sich in Bewegung an das Grab des Heiligen Syaid Abdul Amman. Dort angekommen, legen die Sasak ihre Opfergaben nieder und beten für Glück, Gesundheit und eine gute Ernte. Die Ziarah-Prozession findet nur einmal jährlich statt nach der Geburtstagsfeier des Propheten Mohammed. Doch viele Sasak kommen auch unter dem Jahr in einzelnen Gruppen hierher zur letzten Ruhestätte von Hadas Husen, wie sie ihren Erleuchteten nennen, wenn sie um Rat und Eingebung suchen.

Ein weiteres imposantes Schauspiel und Brauchtum bleibt den Bergsteigern vorbehalten, die sich in einer Vollmondnacht auf den 3726 Meter hohen Mount Rinjani wagen. Im Vollmondschein erklimmen die Gläubigen den Gipfel, um dem Allmächtigen so nah wie möglich zu sein, denn der Aufstieg hat es in sich. Oft herrschen harsche Wetterverhältnisse und bei Regen wird das Geröll sehr glitschig. Bevor sie nach langen Trance-Zuständen wieder hinabsteigen, nehmen sie ein reinigendes und heilendes Schwefelbad im Kratersee. Vom Kraterrand aus biete sich ein atemberaubender Ausblick über Lombok und bis hin zum Mutterberg der BalinesInnen, dem Gunung Agung.

Charakterischtisch für die Provinz Nusa Tenggara Barat, zu der auch die Nachbarinseln Subawa gehört, ist eine aussergewöhnlich stark variierende Oberflächengestalt der hügeligen Landschaft und das kontrastreiche Klima im Umkreis weniger Kilometer. Trotz signifikanter topografischer und klimatischer Gegensätze lässt sich die Insel, die gut 80 Kilometer lang und nicht sehr breit ist, in vier unterschiedliche Kulturlandschaften unterteilen. Der Saum zwischen der nördlichen Küste und der Bergkette rund um den Mount Rinjani geicht einer Trockensavanne. Die Einöde ist entsprechend dünn besidelt. Überreiche Vegetation offenbart sich hingegen in den dahinter liegenden Höhenlagen der zentralen Bergregion. Sie ist mit artemreichen Monsunwald überzogen. Zu denkultiviertesten Gebieten zählt die Ebene rund um die städtische Agglomeration. In dieser landwirtschaftlich ertragreichen Zone werden Reis, Soja, Chilli und prächtige Lotusblüten angebaut.

In den Ballungszentren von Mataram, der Stadt der grossen Augen, Amparam und Chakranegala konzentriert sich das Gros der Bevölkerung damals 2, 5 Millionen, dicht gedrängt (gut 1000 Einwohner pro Quadratkilometer). In den Dokars zwängen sich die Menschen, Tiere und vollgestopfte Pferdekutschen durch die staubigen Gassen. Die Bevölkerung ist jung, 40 Prozent sind unter 15 Jahren. Die rasante wirtschaftliche Entwicklung ist gekoppelt mit politischer Repression und auch die touristische Prosperität, oft mit Zwangsenteignungen verbunden.

Das Suharto – Regime sorgte immer wieder für unrühmliche Schlagzeilen, weil das Militär repressiv ganze Dorfgemeinschaften wie in Borobudur auf Java und auf der Insel Gili Trawagan vertrieb. Den Enteigneten wurden kaum Entschädigungen bezahlt, dafür sahnte das Suharto-Regime kräftig mit Steuern der Hotelkomplexe, die dort entstanden, ab. Politischer Widerstand und demokratische Spielregeln wurden systematisch repressiv unterdrückt, die Pressefreiheit stark zensuriert und Regimekritiker hart angefasst. Zu den drei touristischen Kristallisationspunkten zählten damals die drei Mini-Koralleninseln, Schnorchler und Taucherparadiese Gilli Air, Gili Meno und Gili Trawangan. Im Westen der Insel liegt die Senggi-Beach, eine den Surfern vorbehaltene Bucht.

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