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«Sicherheit Schweiz»: NBD stellt Lagebericht 2018 vor

Bern, 30.04.2018 – In einem strategischen Umfeld, in dem die terroristische Bedrohung erhöht ist und die Cyber-Risiken sowie Spionagetätigkeiten zunehmen, ist der jährliche Lagebericht des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) das entscheidende Instrument für die Ausrichtung der Sicherheitspolitik. Seit dem 1. September 2017 verfügt der NDB mit dem Nachrichtendienstgesetz über neue Mittel zur Früherkennung und Vorbeugung von Bedrohungen für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz. Zum ersten Mal erläutert er die 2017 eingeführten genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen.

Die Herausforderungen für die sicherheitspolitischen Stellen werden komplexer. Eine Tendenz, die durch die Zunahme der Schlüsselakteure in diesem Bereich, die Fragmentierung des sicherheitspolitischen Kontexts und die Tatsache gekennzeichnet wird, dass das strategische Umfeld der Schweiz durch verschiedene Krisensituationen in Europa einem aussergewöhnlich hohen Druck ausgesetzt ist. In der diesjährigen Auflage seines Lageberichts hat der NDB beschlossen, den Schwerpunkt auf Russland zu legen, dessen Beziehungen zum transatlantischen Westen sich ständig verschlechtern. Eine Entwicklung, die der Schweizer Sicherheitspolitik Sorgen bereitet. In diesem Zusammenhang gewinnen Informationsoperationen an Wichtigkeit. Die Bekämpfung des verbotenen Nachrichtendienstes ist immer noch aktuell, ob er sich herkömmlicher Mittel bedient oder die Form von Cyber-Spionage annimmt. Der Druck auf den Erhalt schützenswerter Informationen bleibt bestehen. Spionage wird von einigen Staaten immer noch als Instrument zur Informationsbeschaffung genutzt. Verbotener Nachrichtendienst wird auch in der Schweiz betrieben – nicht nur gegen die Schweiz, sondern auch gegen internationale Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit Sitz in der Schweiz. Sabotageaktivitäten im Cyber-Raum finden immer mehr globale Aufmerksamkeit. Staaten, die über eigene offensive Cyber-Fähigkeiten verfügen, treiben deren Weiterentwicklung intensiv voran.

Die Einschätzung der terroristischen Bedrohung in der Schweiz bleibt angesichts der in den letzten Monaten in Europa stattgefundenen Angriffe erhöht. Der Modus Operandi dieser Angriffe bestätigt die Vorhersagen des NDB: Es handelt sich meistens um isolierte Einzeltäter oder kleinere Gruppen, die sich radikalisiert haben ohne in eine Konfliktzone zu reisen.

Rund 90 „Gefährder“ im Visier des NDB

Im April 2018 registrierte der NDB rund neunzig Risikopersonen. Der Begriff «Risikoperson» bezieht sich auf Personen, die heute ein erhöhtes Risiko für die Sicherheit der Schweiz darstellen. Die derzeit rund neunzig Risikopersonen stammen im Gegensatz zu Dschihadreisenden nicht aus einer kumulativen Statistik, sondern geben ein möglichst vollständiges Bild von Personen ab, die eine ernst zu nehmende terroristische Bedrohung für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz darstellen. Der NDB erfasst nicht nur Dschihadisten, sondern auch Personen, die den Terrorismus unterstützen und dazu ermutigen. Unter den rund neunzig derzeit vom NDB registrierten Risikopersonen befinden sich auch solche, die sich in der Schweiz radikalisiert haben, aber nicht in ein Konfliktgebiet gereist sind. Die Risikopersonen werden durch den NDB gemäss einer Kombination sehr präziser Kriterien bestimmt, wobei ein konkreter Gewaltbezug ausschlaggebend ist. Alle Risikopersonen werden laufend fedpol und der Bundesanwaltschaft gemeldet. Der NDB bearbeitet diese Fälle in Koordination mit den betroffenen Kantonen und Behörden und trifft präventive Massnahmen, die in seinem Zuständigkeitsbereich liegen. Die Liste der Risikopersonen wird laufend überprüft. Fälle, die keine Aktualität mehr aufweisen, werden wieder gestrichen.

Im Rahmen der Terrorismusprävention führt der NDB zudem ein Monitoring einschlägiger, von Dschihadisten genutzten öffentlichen Internetseiten, sozialer Medien und Foren durch. Seit 2012 hat der NDB rund 585 Nutzer (550 Ende 2017) identifiziert, die in oder aus der Schweiz im Internet dschihadistisches Gedankengut verbreitet oder sich mit Gleichgesinnten im In- und Ausland vernetzt haben. Wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass sich eine Person radikalisiert hat, führt der NDB präventive Ansprachen durch und beantragt ausländerrechtliche Massnahmen wie Einreiseverbote, Ausweisungen, Widerrufe des Aufenthaltsstatus und Ausschreibungen zur Aufenthaltsnachforschung. Bei Verdacht auf strafbare Handlungen übergibt der NDB die Fälle an die Strafverfolgungsbehörden.

Eine weitere durch den NDB veröffentlichte Statistik ist diejenige der dschihadistisch motivierten Reisenden: Die Anzahl der dschihadistisch motivierten Reisenden aus der Schweiz, die in Konfliktgebieten waren oder sich noch immer dort befinden, hat sich auf 93 Fälle stabilisiert (gleiche Zahl wie im Februar 2018). Von den von 2001 bis heute erfassten Dschihadreisenden begaben sich 79 nach Syrien und in den Irak und 14 nach Somalia, Afghanistan und Pakistan. Da es sich hierbei um kumulierte Zahlen handelt, muss hervorgehoben werden, dass sich einige dieser Personen noch vor Ort befinden. 32 Personen sind gestorben (davon 26 bestätigt), weitere reisen in den Konfliktgebieten umher oder sind in die Schweiz zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer beläuft sich auf 16 (davon 13 bestätigte Fälle).

Ein Dutzend Frauen und 20 Kinder in Dschihad-Konfliktregionen

Der NDB stellte seit 2016 keine neuen Dschihadreisen fest und geht davon aus, dass nur eine kleine Anzahl Kämpfer, alleine oder mit Kindern, in die Schweiz zurückkehren wird. Die Schweiz bleibt jedoch, wie ihre Nachbarländer, nicht von der Problematik der aus den Konfliktgebieten zurückkehrenden Familien verschont. Der NDB schätzt, dass sich unter den Dschihadreisenden, die er seit 2001 erfasst, ein Dutzend Frauen mit Verbindungen zur Schweiz nach Syrien und in den Irak befinden und mehr als zwanzig Minderjährige unter zwölf Jahren von dieser Problematik betroffen sind. Während erwachsene Personen, die in Konfliktgebiete gereist sind, strafrechtlich verfolgt werden, wird die Frage der Kinder von Fall zu Fall behandelt und beschäftigt sowohl den NDB als auch alle Sicherheitsorgane des Bundes und der Kantone sowie die für die Bekämpfung der Radikalisierung zuständigen zivilen Institutionen.

Im Bereich des Terrorismus, der Spionageabwehr, dem Schutz kritischer Infrastrukturen oder der Proliferation kann der NDB seit dem 1. September 2017 aktiv genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen nutzen, die den strengen Vorschriften des Nachrichtendienstgesetzes unterliegen. Bis Ende Dezember 2017 hat der NDB nach Zustimmung des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) und der zuständigen politischen Behörden vier Operationen mit insgesamt 40 solcher Massnahmen eingeleitet. Zwei Operationen fanden im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und zwei weitere im Rahmen der Spionageabwehr statt. Die Beschaffungsmassnahmen wurden, wie vom Gesetz vorgesehen, gezielt bei den gravierendsten Bedrohungen angewandt.

Quelle: Bundeshaus Pressedienst des Nachrichtendienstes (NDB)

EDÖB: 22. Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten

Bern, 29.06.2015 – Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) Hanspeter Thür stellt heute der Öffentlichkeit seinen 22. Tätigkeitsbericht vor. Im Bereich Datenschutz prägten die Aufsicht über Datenbearbeitungen von Unternehmen das Tätigkeitsjahr 2014/2015 ebenso wie die Beratung von Bürgerinnen, Behörden und Firmen. Im Öffentlichkeitsprinzip vermittelte der EDÖB in mehreren Schlichtungen zwischen Behörden und Gesuchstellern und erliess zahlreiche Empfehlungen. Darüber hinaus nahm er in beiden Bereichen zu wichtigen Gesetzesvorlagen Stellung.

Die Entwicklung in Zusammenhang mit Big Data, der Verknüpfung und Analyse grosser Datenbestände, schlägt sich auch in den Tätigkeiten des EDÖB nieder. So sorgte im vergangenen Jahr die Firma Postfinance mit der Ankündigung für Aufsehen, im Rahmen ihres Onlinebankingportals künftig den Zahlungsverkehr der Kontoinhaber analysieren zu wollen. Der Widerspruch gegen die Datenauswertung hätte für die Kunden den Ausschluss vom E-Banking zur Folge gehabt. Nach Intervention des EDÖB in Form einer Sachverhaltsabklärung erklärte sich Postfinance bereit, den Kunden Wahlmöglichkeiten zu bieten und sie genauer zu informieren. Die Abklärung bei der Auskunftei Moneyhouse, die auf ihrer Website eine Vielzahl an Dienstleistungen anbietet und dabei unzählige Daten von Privatpersonen ohne deren Einwilligung zugänglich macht, konnte in diesem Jahr mit einer Empfehlung abgeschlossen werden. Da Moneyhouse diese nur teilweise umsetzen will, zieht der EDÖB den Fall vor das Bundesverwaltungsgericht.

Im Bereich der staatlichen Überwachung richtete sich der Fokus auch dieses Jahres auf das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) und das Gesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF). Die Erweiterung der Überwachungs- und Informationsbeschaffungsmassnahmen um Staatstrojaner, IMSI-Catcher u.a. birgt beträchtliche Risiken für die Privatsphäre. Bei beiden Gesetzen setzte sich der EDÖB deshalb dafür ein, dass der Einsatz dieser Mittel klar und abschliessend definiert wird und nicht ohne richterliche Anordnung erfolgt. Auch zur heiklen Frage der Auslagerung von Behördendaten ins Ausland nahm der EDÖB im Berichtsjahr Stellung. Aufgrund der akuten Gefahr von Zugriffen durch ausländische Behörden rät er Bundesorganen davon ab, Datenbearbeitungen an Cloudanbieter auszulagern, die ihren Sitz in den USA oder in anderen Staaten ohne gleichwertiges Datenschutzniveau haben.

Der Trend, Daten in einer Cloud statt auf dem eigenen Rechner aufzubewahren, macht auch vor Ärzten nicht halt. Dies ist aufgrund ihres im Strafrecht verankerten Berufsgeheimnisses jedoch problematisch. Der EDÖB hat bei Anfragen darauf hingewiesen, dass die Ärztinnen und Ärzte auch bei einer Auslagerung der Patientendaten für deren Geheimhaltung verantwortlich bleiben. Er legt ihnen nahe, Cloud-Anbieter mit Sitz in der Schweiz zu wählen und sich von diesen vertraglich zusichern zu lassen, dass die gespeicherten Patientendaten nicht ins Ausland übermittelt werden. Der Schutz von Patientendaten stand auch im Fokus der Kontrollen, die der EDÖB bei zwölf Datenannahmestellen durchgeführt hat. Infolge der neuen Spitalfinanzierung müssen Krankenversicherer seit 2014 über eine zertifizierte Annahmestelle für den Empfang der Rechnungen des Typus DRG verfügen. Es zeigte sich, dass die Annahmestellen grundsätzlich gut funktionieren. Die in einigen Fällen festgestellten Mängel meldete der EDÖB den Zertifizierungsstellen.

Die Videoüberwachung im Arbeitsbereich bereitet dem EDÖB weiterhin Kopfzerbrechen. Besonders aus der Gastronomie erreichten ihn im Berichtsjahr mehrere Meldungen über heikle Bild- und Tonaufnahmen, worauf er bei zwei Betrieben Sachverhaltsabklärungen eröffnete. In beiden Fällen wurden die Kameras in der Zwischenzeit abmontiert. In diesem Zusammenhang erinnert er daran, dass die Verhaltenskontrolle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittels Videoaufnahmen verboten ist. Videokameras haben bekanntlich auch im Strassenverkehr Einzug gefunden: mit im Fahrzeuginneren angebrachten Dashcams erfassen die Lenker das Geschehen auf der Strasse und filmen dabei auch andere Verkehrsteilnehmer. Wie der EDÖB in seinen Informationen auf der Website erläutert, verletzt ein solches Vorgehen deren Privatsphäre und ist nur in Ausnahmen gestattet, etwa dann, wenn nur ereignisbezogen gefilmt wird.

Öffentlichkeitsprinzip

Die Nachfrage nach amtlichen Dokumenten im Besitz der Bundesbehörden ist weiterhin ungebrochen: Im 2014 wurden über 100 Zugangsgesuche mehr als im Vorjahr gestellt (2014: 575, 2013: 469), was einer Zunahme um 20 Prozent entspricht. Dort wo die Behörden den Zugang verweigerten, konnte der Beauftragte in zahlreichen Fällen zumindest eine teilweise Herausgabe der Informationen bewirken. Die zu diesem Zweck durchgeführten Schlichtungen haben um 18 Prozent zugenommen (von 76 auf 90).

Der Evaluationsbericht zum Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ), den der Bundesrat im April 2015 der Bevölkerung präsentierte, hat gezeigt, dass das Schlichtungsverfahren des Beauftragten sowohl bei Gesuchstellern als auch bei Behörden auf breite Akzeptanz stösst. Erstere begrüssen zudem ganz besonders die Abklärungstiefe und die ausführlichen Begründungen der von ihm erlassenen Empfehlungen. Wie eine juristische Auswertung der einschlägigen Urteile ergeben hat, werden die Empfehlungen sowohl vom Bundesverwaltungs- als auch vom Bundesgericht meistens gestützt. Die Evaluation hat zudem gezeigt, dass es dem Beauftragten für die Durchführung der Schlichtungsverfahren an Ressourcen fehlt. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber bei der nun anstehenden Revision des BGÖ eine Schwächung des Öffentlichkeitsprinzips verhindert, indem er sich namentlich dem Drängen einzelner Aufsichtsbehörden, sich vom Gesetz ausnehmen zu lassen, widersetzt.

Weitere Themen des 22. Tätigkeitsberichts werden im Résumé anbei zusammengefasst.

Der vollständige Tätigkeitsbericht befindet sich auf www.derbeauftragte.ch in der Rubrik Dokumentation.