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Coronavirus: Bundesrat beschliesst erneuten Einsatz der Armee zur Unterstützung des Gesundheitswesens

Armeeangehörige eilen den Kantonen bei der Bewältigung der Corona Krise zu Hilfe und übernehmen Assistenzdienste. Bild: GMC

Bern, 04.11.2020 – Um die Kantone bei der Bewältigung der steigenden Anzahl Hospitalisierungen und Covid-19-Patienten in Intensivpflege zu unterstützen, hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 4. November 2020 im Grundsatz einen erneuten Assistenzdienst der Armee beschlossen. Er umfasst maximal 2500 Armeeangehörige, die die Spitäler bei der Pflege oder beim Patiententransport unterstützen können. Die Armeeangehörigen kommen zum Einsatz, wenn die Kantone darum ersuchen und die Voraussetzungen für die Subsidiarität erfüllt sind. Dafür soll aufgezeigt werden, dass die zivilen Mittel nicht ausreichen.

Mit der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie steigen die Fallzahlen stark an und mit ihnen – um eine bis zwei Wochen verzögert – auch die Anzahl Hospitalisierungen sowie Patientinnen und Patienten auf Intensivpflegestationen. Seit Dienstag, 27. Oktober 2020, haben mehrere Kantone ein Gesuch um Unterstützung durch die Armee gestellt.

Bis zu 2500 Armeeangehörige

Der Bundesrat hat beschlossen, das Gesundheitswesen mit bis zu 2500 Armeeangehörige im Assistenzdienst zu unterstützen. Die einzelnen Gesuche werden dann durch den Bund geprüft. Die Leistungen der Armee umfassen folgende Bereiche:

• personelle Unterstützung in den zivilen Spitaleinrichtungen im Bereich der allgemein Grund- und Behandlungspflege (Betreuung von sogenannten „Low-level-care-Patienten“), in der Vordiagnose, dem Screening von Covid-19-Verdachtsfällen und bei den entsprechenden Testabstrichen;
• personelle und materielle Unterstützung der kantonalen Gesundheitseinrichtungen bei der Erweiterung der Kapazitäten von Intensivpflegestationen (z.B. Beatmungsgeräte und Monitoring); besonders geeignetes Sanitätspersonal kann nach einer spezifischen Schulung zur Unterstützung auf Intensivstationen eingesetzt werden (z B. Lagerungsteams);
• Unterstützung von Transporten infektiöser Patientinnen und Patienten mit geeigneten Sanitätstransportfahrzeugen und Fahrern.

Der Beschluss gilt bis längstens am 31. März 2021. Da der Assistenzdienst länger als drei Wochen dauert, muss ihn die Bundesversammlung genehmigen. Der Bundesrat wird dazu eine Botschaft zuhanden des Parlamentes verabschieden.

Beurteilung der Gesuche nach Kriterien der Subsidiarität

Die Kantone müssen bei ihren Gesuchen aufzeigen, dass sie sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden zivilen Mittel und Instrumente ausgeschöpft haben, um die Voraussetzungen für die Subsidiarität für einen Armeeeinsatz zu erfüllen. Dabei handelt es sich um die Mittel von Zivilschutz, Zivildienst, und Feuerwehr wie auch aus dem privaten Sektor; unter anderem muss der Nachweis erbracht werden, dass auf dem Arbeitsmarkt kein zusätzliches Personal rekrutiert werden kann, dass die Möglichkeit, Arbeitslose anzustellen, ausgeschöpft wurde und dass Studierende der Medizin wie auch Samariter und weitere Freiwillige angefragt wurden und nicht mehr verfügbar sind. Darüber hinaus muss aufgezeigt werden, dass andere Gesundheitseinrichtungen keine Patientinnen und Patienten übernehmen können und medizinisch nicht dringende Eingriffe verschoben werden, insofern dies Kapazitäten freispielt.

Der Bundesstab Bevölkerungsschutz unter Leitung des Bundesamtes für Gesundheit prüft die Einhaltung dieser Bedingungen in Absprache mit der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Falls der Bundesstab Bevölkerungsschutz ein Gesuch bewilligt, entscheidet die Sanitätsdienstliche Koordinationsstelle (SANKO) über die Zuteilung der militärischen Mittel in Anbetracht der Gesamtsituation und Prioritäten. Die Armee schliesst anschliessend eine Leistungsvereinbarung für den Umfang und die Dauer der militärischen Leistungen mit der zu unterstützenden zivilen Institution ab.

Aufgebot und Anrechenbarkeit der Einsatztage

Die Unterstützungsleistungen der Armee werden von Berufsformationen, Durchdienerinnen und Durchdienern sowie im Dienst stehenden Formationen sowie Freiwilligen erbracht. Je nach dem ist ein Aufgebot zusätzliche Formationen erforderlich, die innerhalb von 96 Stunden ab Auslösung zum Einsatz gebracht werden können.

Analog zum Assistenzdiensteinsatz im Frühjahr 2020 werden den Armeeangehörigen für diesen erneuten Assistenzdiensteinsatz wiederum bis zu maximal 38 Tage (zwei Wiederholungskurse) an die Ausbildungsdienstpflicht angerechnet. (QUelle: VBS)

Bahnbrechend: Mit Proteinen die Medizin personalisieren

Ruedi Aebersold ist einer der weltweit führenden Proteomik-Forscher. In den letzten Jahren entwickelte er die Proteomik-Methoden gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam weiter, sodass nun auch Ärzte diese Technik als Werkzeug einsetzen können. Im Gespräch mit ETH-News erklärt der Professor der ETH Zürich und der Universität Zürich, wie die Information von Proteinen die sogenannte personalisierte Medizin weiterbringen kann. Von: Fabio Bergamin

Ruedi Aebersold
«Die Proteine sind die molekularen Akteure in den Zellen, nicht die Gene», sagt Ruedi Aebersold, Professor an der ETH und der Universität Zürich. (Bild: Fabio Bergamin / ETH Zürich)

 

ETH-News: Medizinforscher möchten die individuellen Unterscheide von Patienten und die verschiedenen Ausprägungen einer Krankheit in Zukunft stärker berücksichtigen, um massgeschneiderte Therapien anbieten zu können. Als Kriterium dienten ihnen bisher vor allem genomische Unterschiede, das heisst Mutationen in der Erbsubstanz DNA. Sie, Herr Aebersold, gehen nun einen Schritt weiter und möchten die personalisierte Medizin auf Stufe der Proteine etablieren. Warum?
Ruedi Aebersold: Die molekularen Akteure, die in einem Körper oder einer Zelle eine Krankheit unmittelbar verursachen, sind zum weitaus grössten Teil Proteine. Schon seit langem messen Pathologen in Gewebeproben bestimmte Proteine, wenn sie Krankheiten diagnostizieren, zum Beispiel einen Krebstyp. Mit einer weitverbreiteten, klassischen Methode machen sie diese Proteine mit Antikörpern sichtbar. Damit lässt sich allerdings nur eine Handvoll Proteine aufs Mal bestimmen. Wir entwickelten in den letzten Jahren eine Proteomik-Methode, mit der wir in einer winzigen Gewebeprobe 2000 verschiedene Proteine gleichzeitig und genau bestimmen können.

Solche Methoden, mit denen das Protein-Muster bestimmt werden kann, sind aber viel aufwendiger als die bestehenden Genom-Analysen.
Erbgut-Mutationen kann man mittlerweile schnell und verhältnismässig günstig bestimmen, das stimmt. Die genetische Information wird jedoch in der Zelle weiterverarbeitet, und am Ende der biologischen Verarbeitungskette stehen die Proteine. Um eine Krankheit zu beschreiben, sind diese aussagekräftiger. Mit der Bestimmung von Tausenden von Proteinen in Gewebeproben möchten wir den Bogen spannen von der Genomik zu den Krankheiten. Denn oft führen ganz unterschiedliche Mutationen am Erbgut zur selben Krankheit. Oder eine Krankheit ist so komplex, dass sehr viele genetische Puzzlesteine zusammenspielen, von denen wir gar noch nicht alle kennen. Andererseits geben wir mit unserer Proteomik-Methode den Pathologen ein modernes Werkzeug in die Hand, mit dem sie krankes Gewebe weit präziser klassifizieren können als bisher. Wir haben die Proteomik so weiterentwickelt, dass wir in nur einer Stunde sehr präzise und reproduzierbare Resultate liefern können.

Wie ist Ihnen dies gelungen?
Um in einer Probe die Proteine zu bestimmen, zerlegen wir die Proteine in Bruchstücke, sogenannte Peptide. Mithilfe der Massenspektrometrie können wir diese Peptide anhand ihrer Masse und ihrer Fähigkeit Wasser abzustossen, unterscheiden. Wir gehen davon aus, dass es 10 bis 100 Millionen unterschiedliche Peptide gibt, die aus den verschiedenen Proteinen im menschlichen Körper entstehen können. Das ist eine viel zu grosse Zahl, um sie in kurzer Zeit auszuwerten. Viele bisherige Proteomik-Methoden nutzten daher einen Trick: Nach dem «Prinzip Las Vegas» wählten sie zufällig etwa jedes tausendste Peptid aus und analysierten diese. Diese Methode hat allerdings den grossen Nachteil, dass sie nicht reproduzierbar ist, weil nicht jedes Mal dieselben Peptide ausgewählt werden. Wir hingegen reduzieren die Datenmenge anders: Wir führen die Peptide anhand ihrer Masse und Fähigkeit Wasser abzustossen in etwa 30‘000 Gruppen zusammen und analysieren diese innerhalb einer Stunde. In unserer Methode spielt der Zufall keine Rolle, unsere Technik ist daher sowohl reproduzierbar als auch schnell.

In den letzten zwei Jahren optimierten Sie die Methode und wendeten sie jüngst erstmals in Gewebeproben von Patienten an. Mit welchem Erfolg?
In unserer jüngsten Studie massen wir den biochemischen Zustand kleiner Biopsien, konkret von Nierenkrebs-Biopsien, die wir von an der Studie beteiligten Ärzten am Kantonsspital St. Gallen erhielten. Den Befund der Pathologen konnten wir sehr gut auf Protein-Ebene nachvollziehen. Mit unserer Technik erstellen wir digitale Protein-Fingerabdrücke der Proben. Ein weiterer Vorteil ist: Diese Fingerabdrücke können auch zu einem späteren Zeitpunkt erneut analysiert werden. Forscher können noch in vielen Jahren, wenn sie sich für die Funktion eines bestimmen Proteins interessieren, auf unsere Daten zurückgreifen.

Warum ist die Schnelligkeit der Methode wichtig?
Mithilfe der Proteomik können wir neue Erkenntnisse am besten dann gewinnen, wenn wir Daten einer grossen Zahl von Menschen – einer sogenannten Kohorte – statistisch auswerten. Wenn eine Methode schnell ist, hat sie die Kapazität, grosse Kohorten zu untersuchen.

Sie führen eine Forschungsgruppe von Systembiologen. Wie nahmen Ärzte an den Spitälern Ihre neue Methode auf?
Wir erhielten positive Rückmeldungen von klinischen Forschern. Und wir erwarten, dass Pathologen die Methode bald für klinische Entscheide verwenden werden. Bisher hatte die Proteomik unter Ärzten einen eher schlechten Ruf, weil sie vergleichsweise teuer und komplex ist. Auch litt die Proteomik unter dem erwähnten «Las-Vegas-Syndrom», der schlechten Reproduzierbarkeit. Diese haben wir nun korrigiert, und wir sind davon überzeugt, dass unsere Methode in der Klinik ein grosses Potenzial hat. Unsere jüngste Forschungsarbeit haben wir daher absichtlich nicht in einer biologischen, sondern in einer medizinischen Fachzeitschrift zur Publikation eingereicht. Davon erhoffen wir uns, Ärzten und Medizinforschern die Vorteile unserer Technik noch stärker bekannt zu machen. Uns freut auch, dass unsere Methode nicht mehr ausschliesslich auf den Geräten funktioniert, die wir verwendeten. Andere Forschende haben die Methode bereits für weitere Geräte angepasst.

Wie werden Sie die Methode weiterentwickeln?
Wir sind daran, die Zahl der damit messbaren Proteine ständig zu erhöhen. Ausserdem möchten wir die Methode so weiterentwickeln, dass wir damit auch ältere Gewebeproben, die in Formaldehyd-Lösung konserviert sind, messen können. Wir könnten dann aufbewahrte Proben von Patienten analysieren, von denen der spätere Krankheitsverlauf und die gewählte Therapie bekannt sind. So können wir Zusammenhänge zwischen Proteinmuster und späterem Krankheitsverlauf erkennen.

Personalisierte Medizin ist derzeit in aller Munde – weltweit. In Grossbritannien und in den USA gibt es dazu neue nationale Forschungsprogramme. Wie steht es um die Forschung der personalisierten Medizin in der Schweiz?
Wir sind in der Schweiz sehr gut positioniert, um komplexe Krankheiten mit dem Systemansatz zu untersuchen – unter anderem dank der weitentwickelten systembiologischen Forschung hierzulande. Auch gibt es im Rahmen von «Hochschulmedizin Zürich» bereits ein Kompetenzzentrum Personalisierte Medizin. Es braucht aber weitere Anreize, damit Ärzte in der Klinik, Forscher und Ingenieure besser zusammenarbeiten können. Ähnlich wie es Barack Obama jüngst für die USA ankündigte, wäre auch in der Schweiz ein nationales Forschungsprogramm für die personalisierte Medizin wünschenswert. Von der wissenschaftlichen Seite gibt es einen breit abgestützten Vorschlag, ein solches in das nächste Legislaturprogramm ab 2017 aufzunehmen. Ende 2016 kommt ja auch das nationale Forschungsprogramm zur Systembiologie, SystemsX.ch, zu seinem planmässigen Ende. Ein «Personalized Health»-Programm könnte darauf aufbauen.

Zur Person

Ruedi Aebersold (60) ist ein Pionier der Proteomik und der Systembiolgie. Die Zeitschrift «Analytical Scientist» bezeichnete ihn 2013 als den weltweit zweiteinflussreichsten Forscher der analytischen Wissenschaften. Nach einem Studium und der Promotion an der Universität Basel war Aebersold am California Institute of Technology und an der University of Washington tätig. Seit 2000/01 ist er Professor für Systembiologie an der ETH Zürich und der Universität Zürich.

Literaturhinweis

Guo T et al.: Rapid mass spectrometric conversion of tissue biopsy samples into permanent quantitative digital proteome maps. Nature Medicine, 2. März 2015, doi: 10.1038/nm.3807

(Quelle: ETH Zürich)

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Zweite nationale Konferenz „Gesundheit2020“

Über vierhundert Akteure des Gesundheitswesens und der Gesundheitspolitik haben auf Einladung von Bundesrat Alain Berset und des Präsidenten der Schweizerischen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Philippe Perrenoud an der zweiten nationalen Konferenz Gesundheit2020 teilgenommen. Im Vordergrund stand das Thema der koordinierten Versorgung, die für die Sicherstellung einer guten Behandlung der Patientinnen und Patienten und zur Vermeidung unnötiger Interventionen und Kosten von zentraler Bedeutung ist.

Die vom Bundesrat 2013 verabschiedete Strategie Gesundheit2020 setzt auf die Beteiligung aller Akteure des Gesundheitssystems. An dieser zweiten Konferenz konnten sich die Teilnehmenden ein Bild über die laufenden Projekte machen. Der Schwerpunkt lag auf der koordinierten Versorgung, insbesondere auf der Prozessoptimierung während der gesamten Behandlungskette und bei den Schnittstellen zwischen den Leistungserbringern. Denn eine lückenhafte Koordination führt zu Qualitätseinbussen, zu mehr unnötigen Behandlungen und zu überflüssigen Kosten.

Die Herausforderungen im Gesundheitsbereich sind gross

Die Schweiz hat in den kommenden Jahren grosse Herausforderungen zu bewältigen: Mit dem höheren Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt die Zahl derjenigen Menschen, die aufgrund einer oder mehrerer schwerer Krankheiten das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. Mit dem technischen Fortschritt erweitern und spezialisieren sich die Behandlungsmöglichkeiten. Der Mangel an Hausärzten und Pflegepersonal erschwert die Koordination mit den Spezialisten und den Pflegeeinrichtungen.

Eine bessere Koordination ist vor allem bei jenen rund 10 Prozent der Patienten und Patientinnen erforderlich, auf die sich 70 bis 80 Prozent der Pflegeleistungen konzentrieren. Das sind sehr oft Menschen, die an einer oder mehreren schweren Krankheiten leiden und für die eine koordinierte Pflege wichtig ist, da diese zu einer höheren Lebensqualität beiträgt. Studien im Vorfeld der Konferenz haben gezeigt, welche Gruppen und Pflegesituationen besonders betroffen sind. Es geht namentlich um ältere Personen, die im Spital behandelt werden, um chronisch Kranke oder um psychisch Kranke, die sowohl in der Psychiatrie als auch in der somatischen Akutpflege behandelt werden.

Koordinierte Pflege und Versorgung notwendig

Die Strategie Gesundheit2020 soll nach dem Willen des Bundesrates in Zusammenarbeit mit allen wichtigen Akteuren des Gesundheitswesens umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die koordinierte Versorgung, die auf der Basis des bereits Bestehenden weiter ausgebaut werden soll. An der Konferenz diskutierten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen über die Vorschläge der verschiedenen Leistungserbringer. Die Ergebnisse der Diskussion werden ausgewertet und in das weitere Vorgehen der Strategie Gesundheit2020 integriert. Die beteiligten Partner werden in die Erarbeitung und Umsetzung der ausgewählten Projekte einbezogen.

An der zweiten nationalen Konferenz Gesundheit2020 nahmen die kantonalen Gesundheitsdirektoren, eidgenössische Parlamentarier, Vertreter der Ärzteverbände, der Pflegeberufe, der Pflegepersonalverbände, der Patienten, der Apotheken, Spitäler, Versicherer und der pharmazeutischen Industrie, aber auch Fachleute und Vertreter von NGOs teil.

Gesundheit2020

Die Strategie Gesundheit2020 des Bundesrates hat zum Ziel, das schweizerische Gesundheitssystem optimal auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten. Die 36 Massnahmen betreffen alle Bereiche und sollen die Lebensqualität der in der Schweiz lebenden Menschen sicherstellen, sowie die Chancengleichheit, die Qualität der Pflege und die Transparenz verbessern. Die Umsetzung dieser Ziele bedingt die Unterstützung der Akteure der Gesundheitspolitik. (Quelle: Bundesamt für Gesundheit)

„Gesunde Paranoia“ vor Datenbank, die „vor Misstrauen krank macht“

Der Kanton Zürich schafft eine Datenbank, in der Patientendaten zusammengeführt erfasst werden. Darin sollen die Patientendaten von Computerdaten der Spitäler, Ärzte und Apotheker über mehrere Register miteinander verlinkt sein. Die Immunabwehr im Zeitalter von NSA und BIG-Data schaltet da automatisch auf Abwehr feindlicher Angriffe von Aussen.

Jeder Bürger soll dabei frei entscheiden können, ob er eine E-Akte will und welche Angaben er dieser anvertraut. Er allein soll Zugriff auf die Daten haben? Schon dieser Satz macht stutzig, liegt doch das Daten-Hoheitsgebiet nicht beim Patienten, sondern bei den Datenlieferanten und –sammlern. Immerhin darf ich dann als E-Akten-Informationsspender sehen, wer meine Daten eingesehen hat. Wunderbar, erst ritze ich mir alle Poren auf, dann darf ich überall Pflästerchen auflegen, wo es angezeigt ist.

Gesunde Paranoia zur Zwangspsychose und politischen Manipulation

So eine Gesundheitsdatenbank ist brandgefährlich, weil da so viele substanzielle Informationen über meinen geistigen und psychischen Gesundheitszustand drin stehen, dass mir schlecht werden könnte, auch wenn ich ein kerngesunder Mensch bin. Denn wir alle wissen, dass die Pathologisierung des Menschen nun schon bei den Spermien und im prenatalen Zustand fortschreitet, dass Zappelphilippe heute mit Ritalin und Anti-Depressiva ruhig gestellt werden. Von der bedenklichen Tatsache, dass jeder Vierte in den Psychiatrien zwangsintegriert wurde und eingesperrt ist und oft gegen seinen freien Willen mit Medikamenten vollgestopft wird. Und wir wissen geflissentlich auch, dass keine Datenbank jemals sicher ist und auch kein Recht auf Vergessen herrscht. Bewusst ist uns auch, dass Big Data bewirtschaftet und kommerziell genutzt werden will. Alles andere kann man nicht einmal mehr einem Blinden oder Gehörlosen andrehen – ohne diese Betroffenen desavouiren zu wollen.

Kamikazie-Projekt für E-Akteninhaber

Was wir aber nicht so genau wissen, ist, wie in ein paar Jahren mit diesen Daten umgegangen wird. Administrativ, politisch wie technisch und auch aus krimineller Sicht gesehen. Da ist nur eins gewiss: Wir werden noch unser blaues Wunder erleben. Zum Beispiel: Werden Krankenkassen uns ablehnen, weil wir zuviele Kosten verursachen oder noch einfacher, weil wir mit einer Erbkrankheit oder einer auto-immunschwäche ausgestattet sind? Werden wir einen Job nicht erhalten, weil der Arbeitgeber rausfindet, dass wir ein Alkoholproblem haben oder regelmässig Psychopharma zu uns nehmen?  Wird uns das Autobilett entwendet weil wir hin und wieder einen Joint rauchen? Wissen nun alle über unseren Schwangerschaftstest oder den -abbruch oder den HIV-Test Bescheid?

Statt heile Welt und Prävention, Ausgrenzung und Repression

So wie jedes Computersystem zu knacken ist, können auch Schutzwälle und Intimsphären unter politischem oder privatem Druck erodieren und zum tickenden Pulverfass werden. Die Freiwilligkeit endet heute sehr schnell beim kollektiven Zwang. Und wer keine E-Akte will, könnte schon bald ebenso ausgeschlossen werden, wie diejenigen, die auf Kreditkarten und Smartphones verzichten oder den ganzen Social-Media-Zirkus in die Wüste schicken. So gesehen, entblösen sich Risikopatienten gleich selber.  Daher gleich nochmals die Frage: Wollen wir das? Dass irgend einer in 20 Jahren veröffentlich, der hat schon mit 15 und dann mit 23 in die Hosen gepinklt und dass die da schon mit 15 Geschlechtsverkehr oder -krankheiten hatte und ähnliches dann flugs auch die Runde in den Social Media’s machen?