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Internationale Solidarität mit „Trump-not-welcome“ Demo in Zürich

Die Demonstration «Trump not welcome», welche am Dienstag, 23. Januar 2018 in Zürich stattfindet, schlägt hohe Wellen – und das nicht nur in der Schweiz. Wir veröffentlichen hier zwei Solidaritätsbotschaften von namhaften politischen Verlagen, Zeitschriften, Organisationen und Einzelpersonen aus den USA – darunter Baskar Sunkara, Gründer des Jacobin Magazine –, welche die Demonstration unterstützen. Der Protest gegen Trump und all das, was er politisch verkörpert, reiht sich somit ein in die internationalen Bewegungen gegen Rassismus, Sexismus und Ausbeutung. Diese haben insbesondere in den USA durch Trumps Wahlsieg enorm an Stärke gewonnen, wie bei den Women’s Marches 2017 und 2018 sichtbar wurde. (Red.)

Wir senden warme Grüsse und Solidarität aus den USA an die Demonstrationen gegen Donald Trumps Besuch am World Economic Forum (WEF) im schweizerischen Davos.

Trump hat sein Amt vor etwa einem Jahr angetreten und sofort eine Gesamtoffensive gegen die Arbeiter*innenklasse, die unterdrückten Schichten und die Umwelt lanciert. Fast ein Jahr später hat Trumps Republikanische Partei ein neues Steuergesetz verabschiedet, dank dem sich die grossen Unternehmen und die Wohlhabenden weiter bereichern können. Die Republikaner hoffen im Jahr 2018 mit tiefgreifenden Kürzungen bei den Unterstützungsprogrammen, welche den Arbeiter*innen zugute kommen, und mit Angriffen auf die Gewerkschafts- und Arbeitsrechte nachzudoppeln.

Die Steuersenkungen waren Trumps grösste legislative Errungenschaft im letzten Jahr. Weiter hat er erreicht den Alltag in den USA – dank der rohen Gewalt des Staates – viel repressiver zu gestalten. Die Polizei hat ihren Amoklauf von Verhaftungen, Brutalität und Tötungen – insbesondere von «people of color» – fortgesetzt. Dazu kommt der verheerende Angriff auf die Immigrant*innen. Die Immigrationspolizei führt immer intensiver Razzien an Arbeitsplätzen, in Gerichtshäusern und gar Gebetsstätten durch. Gleichzeitig versucht Trump die Programme, welche einige Gruppen von Immigrant*innen schützen sollten – wie beispielsweise junge Personen, die als Kinder in die USA gelangten oder vor Gewalt und Zerstörung geflüchtet sind –, zu beenden.

Von diesem rechten Angriff des Staates inspiriert, kam es im vergangenen Jahr zu zahlreichen rechten und rechtsextremen Mobilisierungen. Sie demonstrierten offen für die weisse Vorherrschaft, beispielsweise bei ihrer Mobilisierung in Charlottesville, Virginia. Diese Demonstration endete im Mord an einer antirassistischen Demonstrantin. Ebenfalls häufiger greifen rechte Anti-Frauen-Gruppen Kliniken an, in denen Abtreibungen durchgeführt werden.

So grässlich diese Situation auch ist; wir sehen gleichzeitig unglaublich starken Widerstand. Wir haben die noch nie da gewesenen Proteste an den Flughäfen im letzten Jahr – gegen Trumps Einreiseverbot für Personen aus mehrheitlich muslimischen Ländern – nicht vergessen. 2017 begann und endete mit Protesten für Frauenrechte. Von den riesigen Women’s Marches im Januar 2017 hin zur #MeToo-Kampagne, welche sexuelle Angriffe und Belästigungen enthüllt und mächtige Männer zur Verantwortung gezogen hat.

Zudem können wir auch ein steigendes Interesse an Sozialismus und linker Politik feststellen, insbesondere bei jungen Menschen. Dies ist dieses Jahr besonders wichtig, da der November 2018 Kongresswahlen mit sich bringt und die Hauptalternative zu Trumps Republikanern eine Demokratische Partei sein wird, welche mitverantwortlich ist für den Rechtsrutsch der Mainstream-Politik. Es ist deshalb dringend nötig für heute und die Zukunft eine Alternative aufzubauen, welche auf Solidarität und Opposition gegen den Status Quo basiert.

Wir stehen mit euch, während ihr gegen Trump in Davos protestiert und euch für eine bessere Welt organisiert.

Unterzeichnende:

International Socialist Organisation (ISO)
Kentucky Workers League (KWL)
International Socialist Review (ISR)
Left Roots
SocialistWorker.org
Baskar Sunkara (Gründer des Jacobin Magazine)
Aaron S. Amaral, Saulo Colon, Barry Finger und Scoot McLemee (Redaktionsmitglieder von New Politics)

Quelle: Bfs

Nachhaltiger Umweltschutz durch steigenden Bioproduktekonsum

Die Ernährung trägt enorm zur Klimaerwärmung bei und gilt als höchster Belastungsfaktor noch vor dem Verkehr und den Industrieemissionen. Die Ernährung der Menschheit verursacht die Hälfte aller CO2-Emissionen. Die Biolandwirtschaft würde hingegen sehr viel weniger Ressourcen verschlingen und wäre erst noch viel gesünder. Warum das Umdenken so schwer fällt.

Klar ist: essen müssen wir alle. Nur was und wie ist die Frage, die uns in Zukunft aus verschiedenen Gründen beschäftigten wird. Denn der grösste Teil der Emissionen fällt in der Landwirtschaft bei der Abholzung für Acker- und Weideflächen, durch den intensiven Dünger und Pestizidverbrauch und schliesslich bei der Verpackung, beim Transport und bei der Kühlung, Lagerung und beim Verbrauch der Nahrungsmittel an.

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau hat ausgerechnet, dass der Kohlendioxidausschuss von Biohöfen pro Hektare bis zu 50 Prozent niedriger ist , als bei Höfen mit konventionellem Anbau, weil weniger Dünger und Pestizide verbraucht werden. Auch binden Bioböden mehr Kohlendioxid als industriell bewirtschaftete. Das Klimapotential in der Landwirtschaft ist daher riesig, sagt die UNO-Landwirtschaftsorganisation (FAO). «Weltweit könnten rund fünf Milliarden Tonnen weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre verpufft werden».

Mit der weltweiten Umstellung auf Bioanbau würden wir zu den Wurzeln zurückkehren und uns von einem Treiber des Klimawandels zu einem klimaneutralen Produktionsbereich wandeln. Zudem würden wir die Böden und Pflanzen erst noch widerstandsfähiger machen für die noch bevorstehenden Wetterkapriolen wie Hitze- und Dürreperioden oder extreme Niederschläge und Überschwemmungen. Es ist höchste Zeit, den Bio-Wandel in der Landwirtschaft voranzutreiben. Die Konsumenten haben es in der Hand. Sie müssen die treibende Kraft sein, Pestizide aus ihrem Kühlschrank zu vertreiben, weniger Fleisch zu konsumieren und lokale, saisonale Produkte zu bevorzugen.

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Kompromissfreudiger Klimarechner

ETH Climate Calculator

ETH Climate Calculator (Bild: Montage ETH Zürich / Colourbox)

Wenn es derzeit an der COP oder künftigen Klimaverhandlungen darum geht, das globale CO2-Budget gerecht unter den Staaten zu verteilen, sind Ansätze gefragt, die Vergleiche ermöglichen und einen fairen Kompromiss erlauben. Genau das bietet ein neuer Klimarechner der ETH Zürich, mit dem man länderspezifische CO2-Budgets berechnen kann. Von: Dr. Max Meulemann, ETH Zürich

Die grosse Herausforderung der laufenden Klimaverhandlungen ist, die Interessen der reichen, entwickelten Nationen und jene der Entwicklungsländer auf einen Nenner zu bringen. Da ein weltweites Klimaabkommen die verbleibende Menge an Emissionen (das CO2– oder Carbon Budget) festlegen wird, muss dieses Budget auch unter den teilnehmenden Ländern aufgeteilt werden. Prinzipien von Fairness und Gerechtigkeit können entscheidend dazu beitragen, ob Länder dem Abkommen zustimmen und sich in der Folge daran halten werden. Unser Lehrstuhl für Ökonomie/Ressourcenökonomie hat nun mit dem ETH Climate Calculator ein webbasiertes und frei zugängliches Werkzeug programmiert, das länderspezifische Carbon Budgets auf Basis dreier Verteilmethoden berechnet und die Konsequenzen dieser drei Ansätze visualisiert. Einer der genannten Verteilmechanismen ist die von Prof. Lucas Bretschger entwickelte Equity-Principles-Methode (siehe dazu auch den Autorenbeitrag von Lucas Bretschger im Economist [1]).

Emissionen fair verteilen mit Equity Principles

Das Kyoto Protokoll zeigte, dass ein weltweites Klimaabkommen durchaus möglich ist; doch waren die teilnehmenden Staaten nicht in der Lange, eine allgemeingültige Regel zur Verteilung der Emissionen zu finden. Obwohl Länder wie Norwegen und die Schweiz Verteilschlüssel auf Basis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Ability to Pay) oder vergangener Emissionen (Polluter Pays oder Cost Sharing) vorschlugen [2], fand sich leider keine Mehrheit dafür. Unsere Equity-Principles-Methode greift diese Prinzipien wieder auf und bietet eine einfache Formel, um länderspezifische Carbon Budgets zu berechnen. Damit sollten Kompromisse möglich werden, die zur Lösung der Verteilungsfrage beitragen können.

Wahl von Temperaturziel und globalem Budget

Für den ökologischen Erfolg des Klimaabkommens muss zuerst ein weltweites Budget oder Temperaturziel gefunden werden. Der Konsens der Klimaverhandlungen der letzten Jahre ist das Zwei-Grad-Ziel, das den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf weniger als zwei Grad begrenzen will. Je nach angestrebter Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, sind verschiedene globale Budgets möglich (siehe Tabelle). Eines davon gilt es auszuwählen.

Tabelle Globales Carbon Budget
Drei Szenarien eines Globalen Carbon Budgets für das Zwei-Grad-Ziel. (Quelle: ETH Zürich / Max Meulemann)

Ein Klimarechner – drei Verteilmethoden

Ist der globale Kuchen einmal bestimmt, geht es ans Verteilen. Dabei möchten alle Länder ein möglichst grosses Stück. Unser Climate Calculator erlaubt es, folgende drei Verteilmethoden miteinander zu vergleichen:

  • die Equity-Principles-Methode berechnet einen Fairness Index an Hand von vier verschiedenen Gerechtigkeitsprinzipen: Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Verdienstprinzip, Kostenteilung und technische Effizienz.
  • die Egalitaristische Methode verteilt das Carbon Budget proportional zur Bevölkerungsmenge.
  • und die Carbon Steuer, die weltweit die Energiepreise einheitlich erhöht, um die Emissionen auf das Carbon Budget zu begrenzen.

Aus ökonomischer Perspektive erreichen alle drei Methoden das Ziel effizient und effektiv, doch unterscheiden sich die länderspezifischen Carbon Budgets erheblich.

Die nachfolgende Grafik zeigt in vereinfachter Form, wie die Höhe der länderspezifischen Budgets von den aktuellen Pro-Kopf Emissionen abhängt. Auf Grund der Höhe das Budgets würden arme Ländern mit niedrigen Pro-Kopf Emissionen die Egalitaristische Verteilung (rote Linie) bevorzugen, weil ihnen das ein vergleichsweise hohes Budget bringt; reiche Länder mit hohen Pro-Kopf-Emissionen wählen entsprechend die Carbon Steuer (grüne Line). Die blaue Linie der Equity-Principles-Methode verläuft genau zwischen diesen Extremen, so dass sich entwickelte Länder und Entwicklungsländer annähern.

Drei Verteilmethoden graphisch dargestellt.
Der ETH Climate Calculator verent drei verschiedene Verteilmechanismen, um ein nationales Carbon Budget zu bestimmen. (Graphik: ETH Zürich / Lucas Bretschger)  

Beispiel: Die sieben grössten CO2-Emittenten

Um diese stilisierte Betrachtung zu verdeutlichen, zeigt die nächste Tabelle die berechneten Landes-Budgets in Gigatonnen (Gt) CO2 für die sieben grössten Emittenten (unter Annahme des mittleren Szenarios von 1440 Gt CO2 für das globale Budget). Die Budgets der Equity-Principles-Methode liegen dabei immer zwischen der Egalitaristischen Methode und der Carbon Steuer.

Länderspezifische Kohlenstoff-Budgets
Länderspezifische Kohlenstoff-Budgets in Gt CO2 für die sieben grössten Emittenten. (Quelle: ETH Climate Calculator)

Unser Climate Calculator kann also helfen, die verteilungspolitischen Konsequenzen verschiedener Vorschläge für ein Klimaabkommen zu vergleichen. Die von uns vorgeschlagene Equity-Principles-Methode vereint Flexibilität und Fairness in einer überprüfbaren Formel und erlaubt einen Kompromiss zwischen den Forderungen der verschiedenen Teilnehmer der internationalen Klimaverhandlungen.

Weiterführende Informationen

[1] Artikel von Lucas Bretschger im Economist: A calculated approach: To get a climate agreement, first set out principles for fair cost-sharing

[2] UNFCCC Report von J. Depledge (2000): TRACING THE ORIGINS OF THE KYOTO PROTOCOL , Artikel 184-214

Zum Autor

Max Meulemann

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Der letzte Anarchist der ETH

Vor 25 Jahren wurde Paul Feyerabend als Professor der ETH Zürich emeritiert. Er war ein Weltstar der Philosophie, der wichtige Grundsteine für die moderne Umweltforschung gelegt hat. Und er galt als Anarchist. Von: Christoph Küffer

Paul Feyerabend
Paul Feyerabend kritisierte und provozierte. Er galt als «Lehrer geistiger Unverantwortlichkeit» und legte doch mit seiner Philosophie wichtige Grundsteine für die moderne Umweltforschung. (Foto: Grazia Borrini-Feyerabend / Wikipedia Creative Commons)

In seiner Einführungsvorlesung als Professor für Wissenschaftsphilosophie an der ETH Zürich argumentierte Paul Feyerabend [1], dass die Wissenschaft keinen verlässlicheren Zugang zu sicherem Wissen habe als zum Beispiel die Kunst. Sein Hauptwerk «Wider den Methodenzwang» kritisierte die Wissenschaften als dogmatisch, weil sie einer starren Methodik folgen würden und die Wahrheit für sich alleine beanspruchten. Die Wissenschaft sei laut, frech, und teuer. Als Kur empfahl er einen heiteren Anarchismus, inspiriert von den Dadaisten, und zusammengefasst in seinem berühmtesten Ausspruch «Anything goes!». Gemeint hat er, dass die Wissenschaften vom kreativen Spielen und Basteln mit allen verfügbaren Methoden und Ideen leben. In der Tat, gerade führende Forschungsgebiete wie Neurowissenschaften, synthetische Biologie oder Nanotechnologie profitieren von solcher Methodenvielfalt und dem «Ausprobieren».

Innovationen oder Verlässlichkeit?

Obwohl Feyerabend also eigentlich nur den Forschungsalltag beschrieb, galt er als «Lehrer geistiger Unverantwortlichkeit». Wieso war seine Kritik am Methodenzwang so provozierend? Feyerabend hat einen empfindlichen Nerv der Universitäten getroffen: das Versprechen, dass Forschung gleichzeitig innovativ und verlässlich ist. Forschungsfreiheit erlaubt ins Neuland des noch völlig Unbekannten vorzudringen. Ein Gebiet, welches von Überraschungen und Unwissenheit geprägt ist. Aber Universitäten sind auch Garanten von solidem Wissen. Sie bilden unsere Ingenieure und Mediziner aus, denen wir vertrauen, und sie beraten uns als Experten. Es stellt sich also die Frage, wie die Wissenschaft den täglichen Spagat zwischen kreativem Wirrkopf und seriösem Experten schafft. Der Vordenker der modernen Wissenschaften, Francis Bacon, hat auf diese Frage bereits um 1600 eine elegante und seither gültige Antwort gegeben: Wir können der experimentellen Methode vertrauen, die durch systematisches Testen von Hypothesen trotz kreativem Chaos unausweichlich zu nützlichem und verlässlichem Wissen führt.

Hier hat sich Feyerabend seine ketzerische Frage erlaubt: Was wenn die wissenschaftliche Methode die Erwartungen an sie nicht immer erfüllen kann? Und er hat die Antwort gleich selber gegeben: Der seidene Faden, an welchem der soziale Vertrag zwischen Wissenschaft und Gesellschaft hängt – die Forschung erhält Geld, uneingeschränkte Freiheit, und niemand schwätzt drein, und im Gegenzug erhält die Gesellschaft solides Wissen – wäre zerschnitten.

Das Ende von Bacons Traum?

Wer zu den grossen Zukunftsproblemen der Gesellschaft forscht, entkommt Feyerabend’s kritischer Frage nicht. Ob bei Risiken von Biotechnologie oder Vorhersagen zu Klimawandel, wir wollen immer schneller beides: Neues, aber auch gesichertes Wissen soll unsere drängenden Probleme beseitigen. Der Spagat, den die wissenschaftliche Methode absichern sollte, wird immer grösser. Und gleichzeitig wird ihre Aufgabe immer schwieriger: Umweltprobleme lassen sich kaum durch kontrollierte, kurzfristige Experimente in abgeschlossenen Laborräumen lösen. Durch zunehmend striktere und aufwändigere Evaluationen versuchen Umweltwissenschaftler im Moment Francis Bacon’s Traum zu retten. Dank Evidenz-basierter Wissenschaft [2] oder Expertenkommissionen wie des Klimarats IPCC mit Beteiligung von Tausenden von Wissenschaftlern [3] soll die wissenschaftliche Methode fit bleiben für eine unübersichtliche Welt. Dies ist auch dringend nötig, versuchen doch Interessensvertreter immer wieder, wissenschaftliche Fakten zu sabotieren [4]. Aber wird dies gelingen? Oder wird nur ein Dogmatismus gestärkt, den Feyerabend als lähmend für die Gesellschaft kritisiert hat?

Flucht nach vorn

Feyerabend hätte eine radikale Alternative vorgeschlagen: Wenn die wissenschaftliche Methode kein Zauberstab ist, der blitzschnell zu allen neuen Fragen eine sichere Antwort findet, bleibt nur die Flucht nach vorne. Wir müssen den Prozess des kritischen Testens von Hypothesen auf das kaleidoskopische Stimmengewirr der Vielen ausweiten. Für Feyerabend war die kulturelle und damit wissenschaftliche Vielfalt unserer Gesellschaft die wertvollste Ressource, um drängende Probleme zu verstehen und zu lösen. Er glaubte, dass die Beteiligung von NGOs, Künstlern, politischen Parteien, Wirtschaftsvertretern, kulturellen Minderheiten, Geisteswissenschaftlern, und traditionellem Wissen den Forschungsbetrieb stärkt.

Feyerabend hat an die Vielfalt geglaubt, und er ist nicht mehr alleine. Der IPBES – das IPCC für Biodiversität – versteht sich als Plattform für «knowledge generated worldwide by governments, academia, scientific organizations, non-governmental organizations and indigenous communities» [5]. Im Auditorium Maximum der ETH wurde kürzlich eine Tagung zu Bürgerwissenschaften durchgeführt [6], und auch die eben lancierte Critical Thinking Initiative [7] hat das Ziel, die ETH-Studierenden zu lehren, in den vielen Sprachen der Gesellschaft zu denken.

Feyerabend stellt uns vor zwei Alternativen, um mit den komplexen Problemen unserer Zeit umzugehen: Rückzug in den akademischen Elfenbeinturm, wo rigorose Kontrolle der Forschungsprozesse möglich bleibt, oder Vertrauen auf Vielfalt, kritisches Denken und eine Prise Anarchismus. Oder konkreter: In den letzten Jahren wurde die Finanzierung von Lehrstühlen durch private Firmen zum Teil stark kritisiert. Feyerabend hätte möglicherweise geantwortet: Das ist kein Problem, solange auch Greenpeace und die Zürcher Stadtbewohner bei der Identifizierung von Forschungsschwerpunkten und Besetzung von neuen Professuren beteiligt werden.

Weiterführende Informationen

[1]: Kontext-Sendung zu Feyerabend auf SRF 2

[2]: Siehe hier für Medizin und hier für Naturschutz

[3]: Website des Weltklimarats: IPCC

[4]: Naomi Oreskes und Erik M. Conway 2014. Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens. Wiley-VCH, Weinheim. ISBN 978-3-527-41211-2

[5]: Siehe Website des IPBES hier. Siehe auch: Turnhout et al. 2012. Listen to the voices of experience. The intergovernmental body for biodiversity must draw on a much broader range of knowledge and stakeholders than the IPCC. Nature 488: 454-455. (Pdf)

[6]: Citizen science Workshop an der ETH

[7]: Critical Thinking Initiative

Zum Autor

Christoph Küffer

 

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Jahrestagung der Humanitären Hilfe: Vorsorgen, bevor die Katastrophe eintritt

Bern, 27.03.2015 – «Risiken kennen – Katastrophen mindern» heisst das Programm der diesjährigen Jahrestagung der Humanitären Hilfe des Bundes und des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH). Kurz nach der UNO-Konferenz zur Katastrophenvorsorge in Sendai (Japan), informierten Bundesrat Didier Burkhalter, der Delegierte für Humanitäre Hilfe Manuel Bessler sowie weitere Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland über die aktuellen Massnahmen der Schweiz und der internationalen Gemeinschaft zur Krisenvorsorge und über die humanitäre Lage.

Gesamthaft sind heute mehr als 55 Millionen Menschen auf Flucht – 20 Millionen davon aufgrund von Naturkatastrophen und Klimawandel. Insbesondere an diese Menschen erinnerte Bundesrat Didier Burkhalter in seiner Ansprache im Kursaal in Bern. Er betonte, dass der „Paradigmenwechsel weg vom Reagieren auf Naturkatastrophen und hin zu vorsorglichem Agieren umso wichtiger ist, als wir uns auf eine Zunahme von Naturrisiken einstellen müssen.“ So könnten Menschen und Gesellschaften besser vor den Risiken geschützt, die ökonomischen Verluste reduziert und die Fortschritte der Entwicklungszusammenarbeit gesichert werden. Im Einklang mit dem Hauptthema der Veranstaltung – „Risiken kennen – Katastrophen mindern“ – erläuterte der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA das Engagement der Schweiz im Bereich der internationalen Katastrophenvorsorge. Dabei legte er dar, wie die Schweiz ihre eigene breite Erfahrung in der Katastrophenvorsorge nutzenbringend in die Aktivitäten der Humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit einfliessen lässt.

In Sendai einen Schritt weitergekommen

Bundesrat Burkhalter begrüsste die Ergebnisse der UNO-Weltkonferenz in Sendai (Japan) zur Reduzierung von Katastrophenrisiken, an der er kurz zuvor als Delegationsleiter teilgenommen hatte. Mitte März hatte sich die internationale Gemeinschaft an dieser Konferenz auf ein Rahmenabkommen geeinigt, das eine Handlungsanleitung mit klaren Zielen, konkreten Anweisungen und eine Klärung der Rollen für die kommenden 15 Jahre enthält.

Der EDA-Vorsteher verwies im Weiteren auf die aktuellen Herausforderungen wie die Syrienkrise, die auch im laufenden Jahr einen zentralen Pfeiler der Aktivitäten der Humanitären Hilfe bilden werde. Er kündigte zudem eine humanitäre Initiative in der Ukraine an, wo das Leiden der Bevölkerung mit den Minsker Umsetzungsbeschlüssen nicht geendet hat. Das EDA habe entschieden, ein bilaterales humanitäres Hilfsprogramm für die Menschen im Osten der Ukraine zu lancieren. Dort benötigten über drei Millionen Menschen Hilfe. „Als erster Drittstaat hat die Schweiz im Rahmen von zwei SKH-Abklärungsmissionen die humanitären Bedürfnisse beidseits der Kontaktlinie identifizieren können.“ Es mangle am Nötigsten, sagte Bundesrat Burkhalter.

In seiner Eröffnungsansprache bezog sich auch der Delegierte für Humanitäre Hilfe, Manuel Bessler, auf die Massnahmen zur Katastrophenvorsorge und zeigte sich erleichtert, dass es 2014 keine grossen Tsunamis oder Erdbeben gegeben habe. Doch das bedeute nicht, dass man sich auf den Lorbeeren ausruhen könne. „Gerade die relativ ruhigen Phasen ohne Naturkatastrophen erlauben es uns, die Vorsorgemassnahmen umzusetzen“, sagte er vor dem Publikum.

DEZA-Direktor Manuel Sager erster Auftritt an einer Jahrestagung

Im Rahmenprogramm erläuterten Margareta Wahlström, die UNO-Sonderbeauftragte für Katastrophenvorsorge, und weitere Experten, wie die Ergebnisse der Konferenz von Sendai in die Praxis umzusetzen seien – „von der Politik zur Tat“. Die Schweizer Anstrengungen wurden anhand von Beispielen in Marokko und Pakistan erklärt. Wie Technologie und Forschung für den nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen nutzbar gemacht werden können, zeigte ein Projekt aus Afrika, das sich auf Satellitendaten abstützt. Und an seinem ersten Auftritt an einer Jahrestagung der Humanitären Hilfe sprach DEZA-Direktor Manuel Sager über die Katastrophenvorsorge als integraler Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung. „Die Katastrophenvorsorge bildet eine Brücke zwischen humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit“, sagte er. Sie trage dazu bei, nicht nur die Lebensgrundlage der Menschen sondern auch Entwicklungsfortschritte vor Naturkatastrophen zu schützen.

Gut besuchte Veranstaltung

Rund 1000 Personen nahmen an der Jahrestagung der Humanitären Hilfe und des SKH teil. Die Konferenz versammelt die humanitären Akteure der Schweiz jährlich in einer anderen Schweizer Stadt. Ein Rahmenprogramm erlaubt die Diskussion aktueller humanitärer Themen. Zudem bietet die Konferenz den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Humanitären Hilfe, den Angehörigen des SKH und der Partnerorganisationen, die oftmals in weit entfernten Regionen arbeiten, eine günstige Gelegenheit zum persönlichen Austausch. Direkt vor der Jahrestagung führen die Fachgruppen des SKH ihre jährlichen Treffen durch.

Zusätzliche Verweise:

(Quelle: EDA)

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Bundesrat Burkhalter an UNO-Weltkonferenz in Sendai

Bern, 09.03.2015 – Vom 14. bis 18. März 2015 findet in der japanischen Stadt Sendai die 3. UNO-Weltkonferenz zur Minderung von Katastrophenrisiken statt. Bundesrat Didier Burkhalter vertritt die Position der Schweiz. Danach wird die Schweizer Delegation mit Vertreter und Vertreterinnen der Humanitären Hilfe des Bundes, des BAFU und des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) die Verhandlungen im Hinblick auf einen neuen Rahmenaktionsplan weiterführen.

Aufgrund des Bevölkerungswachstums, des Klimawandels und anderer globaler Trends nehmen Häufigkeit und Auswirkungen von Katastrophen und Notlagen zu. Damit steigt auch die Bedeutung von Prävention und Vorsorge – der so genannten „Disaster Risk Reduction“ -, damit das Ausmass von Katastrophen verringert und deren Bewältigung effizienter gestaltet werden kann.

An der 3. UNO-Weltkonferenz zur Disaster Risk Reduction im japanischen Sendai –in einer Region also, die mit dem Tsunami und seinen Folgen im Jahr 2011 selbst eine verheerende Katastrophe erlebt hat – werden Vertreterinnen und Vertreter von Staaten, Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft und des Privatsektors teilnehmen. Ziel der Konferenz ist die Verabschiedung eines neuen Rahmenaktionsplans, der die strategischen Ziele und vorrangigen Bereiche bei der Minderung von Katastrophenrisiken für die kommenden Jahre festlegt. Der neue Rahmenaktionsplan soll den bestehenden Aktionsplan aus dem Jahr 2005 ablösen.

Die Schweiz verfügt im Umgang mit Katastrophen über viel Expertise und langjährige Erfahrungen. Für Risikoanalysen, Massnahmen sowie die Koordination aller betroffenen Akteure im Zusammenhang mit der Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen im Inland sind beim Bund das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS und das Bundesamt für Umwelt BAFU (Prävention Naturkatastrophen) zuständig, im Ausland die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, die dabei vor allem auf die ärmsten Bevölkerungsgruppen fokussiert ist, welche von Katastrophen häufig am stärksten betroffen sind.

Entsprechend gehören der Schweizer Delegation in Sendai mit Manuel Bessler, dem Delegierten des Bundesrates für Humanitäre Hilfe, mit Josef Hess, Vizedirektor des BAFU, sowie Benno Bühlmann, Direktor des BABS, auch hochrangige Vertreter dieser drei Institutionen des Bundes an. Die Schweiz war in Genf bereits Gastgeberin des Vorbereitungsprozesses zur Konferenz von Sendai und hat sich in dessen Rahmen bei der Gestaltung des neuen Rahmendokuments für die Stärkung eines integralen DRR-Ansatzes eingesetzt. Dieser Ansatz beinhaltet eine umfassende Betrachtung der relevanten Gefährdungen, den Einbezug der relevanten und betroffenen Akteure und auch eine integrale Massnahmenplanung zur Minderung von Katastrophenrisiken.

Während des ministeriellen Teils der Konferenz am 14. März 2015 wird Bundesrat Didier Burkhalter, der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA, die Position der Schweiz im Hinblick auf den neuen Rahmenaktionsplan zur Minderung von Katastrophenrisiken präsentieren.

Politische Gespräche in Indonesien und Sri Lanka

Von Sendai wird Bundesrat Burkhalter am 15. März 2015 in die indonesische Hauptstadt Djakarta weiterreisen, wo er unter anderem mit Aussenministerin Retno Marsudi zusammentrifft und am ASEAN-Sekretariat empfangen wird. Am 17. März führt Bundesrat Burkhalter in Colombo, der Hauptstadt von Sri Lanka politische Gespräche unter anderem mit dem sri-lankischen Präsidenten Maithripala Sirisena, mit Premierminister Ranil Wickremesinghe und Aussenminister Mangala Samaraweera sowie mit Vertretern der Tamil National Alliance Gespräche. Ausserdem wird er in Jaffna im Norden Sri Lankas ein Dorf besuchen, das die DEZA im Rahmen ihres humanitären Wiederaufbauprogramms nach dem Tsunami von 2004 und nach dem Ende des bewaffneten Konflikts unterstützt hat. Beim Wiederaufbau wurde grosser Wert auf eine risiko-robuste Bauweise gelegt. (Quelle: BAFU)

Zusätzliche Verweise:


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Methanfresser leben vom Sauerstoff der Nachbarn

Dübendorf, 03.03.2015 – Seen, die in der Tiefe ohne Sauerstoff sind, stossen kaum klimawirksames Methan aus. Doch anders als bisher angenommen, sind offenbar nicht Archaeen oder ohne Sauerstoff lebende Bakterien für den Methanabbau zuständig. Eine neue Studie im Tessiner Lago Cadagno zeigt, dass dafür Proteobakterien verantwortlich sind, die Sauerstoff benötigen. Diesen beziehen sie von benachbarten Algen, die den Sauerstoff in der Photosynthese herstellen.

Süsswasserseen – auch Stauseen in warmen Breitengraden – tragen im Unterschied zu den Meeren signifikant zum Ausstoss des Treibhausgases Methan bei. Das Methan stammt vom Abbau des auf den Grund gesunkenen organischen Materials. Obwohl die von Seen bedeckte Fläche weltweit ungleich kleiner ist als die der Ozeane, ist der Methanausstoss der Seen vielfach grösser.  Unter den Seen ihrerseits tragen vor allem diejenigen viel zum Methanausstoss bei, die gut durchmischt sind. Saisonal oder dauernd geschichtete Seen mit sauerstofffreiem Wasser in der Tiefe stossen dagegen wenig Methan aus. Bisher ging man davon aus, dass in ihnen dieselben Methanabbau-Prozesse ablaufen, wie im Meer. Jetzt zeigt eine soeben publizierte Studie[i] aus dem Tessiner Cadagno-See, dass das nicht so ist.

Ein Team von Forschenden der Eawag (CH) und vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen (D) wies im Lago Cadagno in der sauerstofffreien Zone zwar einen fast vollständigen Methanabbau nach, fand jedoch keine der bekannten anaeroben Methan abbauenden Bakterien. Auch Archaeen, welche im Meer massgeblich für den Methanabbau verantwortlich sind, wurden keine gefunden. Hingegen enthielten die Proben aus rund 12 Metern Tiefe eine reichhaltige Bakteriengemeinschaft von sauerstoffzehrenden Proteobakterien – bis zu 240‘000 Zellen pro Milliliter.

«Wir fragten uns natürlich, wie diese aeroben Bakterien im sauerstofffreien Wasser leben können», sagt  Erstautorin Jana Milucka vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie. Dazu haben die Wissenschaftler unter anderem das Verhalten der Bakterien in Laborversuchen getestet: Ein Methanabbau fand immer nur dann statt, wenn den Proben entweder Sauerstoff zugegeben wurde oder sie dem Licht ausgesetzt waren. So kamen die Forschenden darauf, dass die Bakterien ihren Sauerstoff von benachbarten Kieselalgen (Diatomeen) beziehen, die ihn über Photosynthese produzieren. Analysen unter dem Fluoreszenzmikroskop zeigten, dass die Methan oxidierenden Bakterien aus der Familie der Methylokokken in nächster Nähe mit den Algen vorkommen und so wohl noch besser von deren Sauerstoff profitieren können (Quelle: Eawag: Wasserforschungs-Institut der ETH).

Das Klimagas Methan wird also dank der Zusammenarbeit von Bakterien und Algen noch im See abgebaut und gelangt nicht in die Atmosphäre. Diese Art von Methanabbau war aus dem Süsswasser bisher nicht bekannt. «Für Seen, die sauerstofffreie Schichten haben oder auch für gewisse Zonen in den Meeren müssen wir wohl die Lehrbücher korrigieren», sagt Projektleiter Carsten Schubert von der Eawag. Relevant dürfte der Trick der methanabbauenden Bakterien überall dort sein, wo ausreichend Licht bis zu den sauerstofffreien Tiefen vordringt. In der Schweiz ist das laut Schubert in den meisten Seen der Fall. Noch nicht veröffentlichte Untersuchungen im Rotsee bei Luzern zeigen jedenfalls denselben Ablauf. Die weitere Forschung konzentriert sich jetzt auf tiefe Seen, in denen nach ersten Untersuchungen andere Prozesse ablaufen.

[i] Methane oxidation coupled to oxygenic photosynthesis in anoxic waters; Jana Milucka, Mathias Kirf, Lu Lu, Andreas Krupke, Phyllis Lam, Sten Littmann, Marcel MM Kuypers and Carsten J Schubert; ISME Journal (International Society for Microbial Ecology), advance online publication, February 13, 2015; dx.doi.org/10.1038/ismej.2015.12; oder:

Die Waadtländer Alpen wollen rund um’s Jahr attraktiv sein

Headerbild Wintersport, Snowboarder, Schnee, Matreis, Osttirol, | Wintersport, Snowboarder, Matreis, East Tyrol

Die Waadtländer Alpen sollen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer mehr bieten. Bild: GMC/Gerd Müller

Der Knotenpunkt in den Waadtländer Alpen soll trotz drei Skigebieten vor allem auch im Sommer für Touristen attraktiv sein. Am 24. Oktober 2014 wurde daher der 1,8 Millionen Franken teure „Peak walk“ eröffnet. Diese Investition zahlt sich offenbar aus.

Derweil die meisten Skiorte in der Schweiz und in Österreich aufgrund des warmen Wetters und Schneemangels einen miserablen Start hatten, in Les Diablerets ging die Post ab. Dank des Gletschers, der sich auf knapp 3000 Höhenmeter befindet, strömten die Skifahrer in das Wintersport-Eldorado an der Grenze zwischen den Berner- und Waadtländer Alpen.

„Wir haben die Wintersaison sehr gut begonnen“, sagt der Direktor von Glacier 3000, Bernhard Tschannen. Zwischen Ende Oktober und Mitte Dezember hätten sich allein schon 35‘000 Besucher hier eingefunden. 13‘000 oder ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Doch der Grund für den Besucheranstieg liegt nicht allein nur bei den Schneeverhältnissen. Ausschlaggebend war vielmehr die Eröffnung des „Peak walks“, der Hängebrücke, die von der Bergstation Scex Rouge zum gleichnahmigen Gipfel führt. Das Projekt, das bei den Umweltverbänden für Kritik sorgte, verlieh dem Ausflugsziel einen Besucherschub. Ob dieser Effekt aber nachhaltig wirkt, ist noch offen. Doch das ist nicht das einzige Projekt im Rahmen der Vision „Alpes vaudoises 2020“, welches der Region mehr Sommersaisongäste bescheren soll.

Die Vision wurde abgespeckt, die Stossrichtung bleibt

Unter dem Begriff „La grande boucle“ hatte der vom Kanton herbeigezogene Experte Peter Furgler vor, eine Verbindung zwischen allen vier Waadtländer Wintersportorten Les Diablerets, Villars, Leysin und Château d’Oex zu realisieren. Dieses Projekt wurde von seiner ursprünglichen Version abgespeckt. Der Zusammenschluss aller Skigebiete ist nicht merh Teil der Vision„Alpes vaudoises 2020“ und auch die geplante Gondel, die Les Diablerets mit Meilleret und Isenau verbunden hätte, ist vom Tisch. Doch an der Strategie, die Region auch für die Sommermonate attraktiver zu machen, wird nicht gerüttelt. Die vom Kanton vorgegebene Stossrichtung wird beibehalten. Und das ist gut so. Denn der Klimawandel lässt grüssen und bestraft alle, die sich nicht auf den Wandel vorbereiten und für die Sommermonate ein attraktives Angebot mit guten Verbindungen vorzuweisen haben.

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